| Nr. 068/07
zu TOP 9: Der Antrag fordert denkmalpflegerische Einzelfallbeurteilungen
Den vorliegenden Antrag der FDP betrachte ich als große Herausforderung für ein Parlament – also uns alle, die wir hier sitzen. Er fordert uns nämlich auf, nicht etwa politische Entscheidungen zu treffen, sondern zutiefst fachliche in diesem Falle denkmalpflegerische Einzelfallbeurteilungen abzugeben.
Ich möchte hier jedoch die Diskussion nicht weiter in Richtung korrektem oder falschem Rollenverständnis treiben, sondern auf die einzelnen Positionen des Antrags eingehen.
Ist die Neutra-Siedlung ein Kulturdenkmal?
Das Reizvolle an Kunst und Kultur ist, dass jeder mitreden und für sich selbst entscheiden kann, was er für schön, wichtig, erhaltenswert etc. erachtet. Hier aber geht es nicht um den persönlichen Geschmack, sondern um die fachliche Beurteilung, ob eine Wohnanlage als Kulturdenkmal anzusehen und für alle Bürger unseres Landes zu schützen ist.
Dieses Parlament hat auch zu diesem Zweck Rahmenrichtlinien in Form eines Gesetzes zum Denkmalschutz festgelegt. Die Anwendung des Gesetzes liegt in den Händen der zuständigen Fachbehörde, dem Landesamt für Denkmalpflege. Dieses hat auf der Grundlage objektivierbarer Kriterien die fachlichen Entscheidungen zu treffen, die selbstverständlich gerichtlich überprüfbar sein müssen.
Wie ist die Neutra-Siedlung zu schützen?
Auch in diesem Punkt wird wieder eine fachliche und keine politische Entscheidung gefordert. Unter Fachleuten ist unumstritten, dass der Denkmalbereich in seiner jetzigen rechtlichen Ausgestaltung zum Schutz einer Siedlung bedingt tauglich ist. Der Denkmalbereich schützt lediglich das Erscheinungsbild der gesamten Siedlung, Veränderungen an einem einzelnen Gebäude könnten nicht denkmalgerecht gesteuert werden. Bei der vom Landesamt vorgenommenen Gruppenunterschutzstellung kann demgegenüber die Bausubstanz jedes einzelnen Gebäudes geschützt werden.
Hierzu ist anzumerken, dass bei der von der Koalition angekündigten Novellierung des Denkmalschutzgesetzes auch das Thema Denkmalbereich zu diskutieren ist. Dann ist nach meinem Rollenverständnis zu Recht auch wieder das Parlament als politische Entscheidungsebene gefragt.
Abschließend noch einige Worte zum Verfahren. Bei denkmalpflegerischen Entscheidungen dieser Tragweite ist Information und Aufklärung der Beteiligten bzw. Betroffenen im Vorfeld von herausragender Bedeutung. In dieser Hinsicht ist sehr viel Arbeit geleistet worden. Aber man sollte sicherlich aus den Erfahrungen lernen und die Vorgehensweise weiter verbessern – auch wenn der bisherige Ablauf des Verfahrens rechtlich absolut einwandfrei ist.
Ich freue mich auf die Diskussionen im Rahmen der bevorstehenden Gesetzesnovellierung. Dem Antrag der FDP wird die CDU nicht folgen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel