| Nr. 293/09
zu TOP 8, 32 + 33: Keine Klage ohne Schuldenbremse in der Landesverfassung
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Diese Plenarsitzung so kurz vor der Landtagswahl wird in die Geschichtsbücher unseres Landes eingehen. Dessen bin ich mir sicher. Die CDU bleibt bei Ihrer grundsätzlichen Auffassung.
Erstens: Die Schuldenbremse sollte in der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein verankert werden.
Zweitens: Eine verfassungsrechtliche Überprüfung der entsprechenden Regelung im Grundgesetz ist geboten.
Die SPD muss in dieser Sitzung durch ihr Abstimmungsverhalten verbindlich erklären, ob sie eine effektive Schuldenbremse will oder nicht.
Umso bedauerlich finde ich es Herr Kollege Kubicki, dass die Fraktion der FDP dem Gesang der sozialdemokratischen Sirenen offenbar nicht widerstehen konnte und gemeinsam mit SPD und Grünen einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nun zustimmt. Und das, sehr verehrter Herr Kollege Kubicki, obwohl Sie in Ihrer Rede im Landtag am 19. Juni 2009 noch folgendes gesagt haben:
Ich zitiere aus Ihrer Pressemitteilung vom 19. Juni:
„Ich sage für meine Fraktion ganz klar: Wenn eine Klage gegen die Bundesregelung zur Schuldenbremse dazu missbraucht werden soll, hier einen finanzpolitischen „langen Schuh“ hinzulegen und sich aus der Verantwortung zu stehlen, dann werden wir nicht als Kläger auftreten.
Wir verlangen von den Sozialdemokraten heute das klare Bekenntnis, dass sie eine Landesregelung für eine Schuldenbremse nicht blockieren werden und wir erwarten vor Klageerhebung die Einleitung des entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens hierzu.“
Soweit die Pressemitteilung zur Rede des Kollegen Kubicki.
Herr Kollege Kubicki, hat die SPD-Fraktion solch ein klares Bekenntnis abgegeben, nachdem der Vorsitzende der SPD-Fraktion die Schuldenbremse als „rituelle Selbstfesselung“ und als staatlich verordnetes Verarmungsprogramm für Schleswig-Holstein“ gebrandmarkt hat?
Offensichtlich haben Sie ihre Meinung in dieser Sache geändert, wenn Sie nun meinen, wir können ja zunächst eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erheben und diese wieder, wenn wir dann eine Schuldenbremse in unserer Landesverfassung haben, einfach zurückziehen.
Warum stimmen die Sozialdemokraten nicht dem Gesetzentwurf des Abgeordneten Kayenburg, der eine entsprechende Änderung in der Landesverfassung vorsieht, zu? Das Argument der SPD, eine Änderung der Landesverfassung könne nicht im Handumdrehen erfolgen, läuft ins Leere.
Zum einen haben wir diesen Gesetzentwurf nicht erst seit letzter Woche auf dem Tisch und zum anderen handelt es sich dabei nicht um komplexe Fragen des Verfassungsrechts. Es liegt an der SPD, sich hier und heute zu einer wirksamen Schuldenbremse in unserer Landesverfassung zu bekennen oder aus wahltaktischen Überlegungen einen Kurs der Beliebigkeit zu fahren, um ein Linksbündnis zu ermöglichen.
Es ist jedenfalls unseriös und unverantwortlich, unser oberstes Verfassungsorgan ins Blaue hinein mit einer Klage zu beschäftigen, die wir dann gegebenenfalls zurückziehen. Für solche Mätzchen eignet sich unser hoch angesehenes Bundesverfassungsgericht nicht, Herr Kollege Kubicki.
Die CDU-Fraktion, und das möchte ich ganz deutlich sagen, hat ihre Auffassung zur Verankerung der Schuldenbremse nicht geändert. Wir bleiben standfest – auch kurz vor der Wahl. Unsere Auffassung sowohl vor als auch nach dem Koalitionsbruch war und ist:
Erstens: Wir begrüßen es in der Sache, dass nach mehr als zwei Jahren Verhandlungen zwischen Bund und Ländern endlich eine wirksame Schuldenbremse in der Verfassung verankert ist.
Wir sind überzeugt, dass die Schuldenbremse wie keine andere Reform zuvor die nächste Legislaturperiode prägen wird. Sie wird uns Politiker zwingen, nicht mehr ausschließlich in Wahlperioden, sondern auch in Konjunkturzyklen und vor allem langfristiger zu denken. Das ist es, was auch die Menschen von uns wollen. Nicht eine Politik, die auf Wunsch und Wolke basiert.
Zweitens: Was die rechtliche Umsetzung der Schuldenbremse anbelangt, so ist unsere Position immer gewesen, dass wir eine wirksame Schuldenbremse in der Schleswig-Holsteinischen Verfassung verankern wollen.
Im Koalitionsausschuss wurden dann jedoch die unüberbrückbaren Positionen von CDU und SPD zur Ausgestaltung eines Neuverschuldungsverbotes in der Landesverfassung offensichtlich. Herr Stegner wandte sich gegen eine wirksame Schuldenbremse, in dem er diese als „rituelle Selbstfesselung“ und als „Verarmungsprogramm“ bezeichnete. Ich sagte es bereits.
Wir wollen nach wie vor keine Regelung in der Landesverfassung zum Preis einer Aufweichung des Schuldenverbots, sondern eine Schuldenbremse, die den Namen auch verdient. Alles andere würde - wie in der Vergangenheit - einem weiteren Schuldenmachen Tür und Tor öffnen.
Wenn ich mir die unbezahlbaren Wahlversprechen von SPD und Linkspartei in Schleswig-Holstein anschaue, dann wird die Notwendigkeit solch einer neuen Schuldenregel deutlich:
Ein Beschäftigungsprogramm in Höhe von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr sowie eine kostenfreie Nutzung des Personennahverkehrs für alle, so die Forderungen der Linkspartei, ist bei einer Verschuldung unseres Landes von über 24 Milliarden Euro ein Realitätsverlust ohne Gleichen. Ebenso die Forderungen der SPD alle Kindergartenjahre gebührenfrei von Anfang an unabhängig von der Haushaltslage.
Wir wollen keine neuen Ausnahmen von dem schwierigen Kompromiss zwischen Bund und Ländern, auch wenn wir nach wie vor Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Grundgesetzänderung haben und eine Änderung der Landesverfassung im Sinne des Gesetzentwurfes des Kollegen Kayenburg begrüßen.
Solange aber keine wirksame Schuldenbremse in unserer Landesverfassung verankert ist, lehnen wir eine Klage gegen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab. Dieses Junktim ist für uns elementar! Das Schlimmste wäre nämlich, dass wir am Ende ohne eine Schuldenbremse dastehen und das verantwortungslose Schuldenmachen auf Kosten unserer Kinder weitergeht.
Deshalb appelliere ich an die Opposition, dass wir zuerst eine Schuldenbremse in unserer Landesverfassung verankern, die ab dem Jahr 2020 eine Neuverschuldung verbietet, und erst dann eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erheben. Das ist der einzig vernünftige Weg!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel