Tobias Koch
Fraktions­vorsitzender

| Nr. 139/08

zu TOP 62: Wir haben weiß Gott kein Erkenntnisproblem

Sperrfrist: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort

Prognosen sind bekanntermaßen nach Mark Twain eine schwierige Sache, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.
Mit dem vorgelegten Bericht zur Tragfähigkeit der Finanzen des Landes versuchen wir gleichwohl in die Zukunft zu schauen, nämlich bis zum Jahr 2050.
Als einer der jüngsten Abgeordneten dieses Hauses habe ich realistische Chancen, dieses Datum persönlich zu erleben.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieser für mich durchaus erfreuliche Umstand nun tatsächlich ein Segen oder vielleicht doch eher ein Fluch ist, wenn man sich die in dem Bericht enthaltenen Analysen zur Entwicklung unseres Landeshaushaltes anschaut.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um genau diese Frage geht es aber bei dem vorliegenden Bericht, nämlich um unsere Verantwortung für die junge Generation, für unsere Kinder und Enkel.
Die Tragfähigkeit eines öffentlichen Haushaltes ist nach der Definition des Sachverständigenrates dann gegeben, wenn die gegenwärtigen und zukünftigen staatlichen Einnahmen ausreichen, um sämtliche staatlichen Zahlungsverpflichtungen abzudecken.

Das ist derzeit beim Haushalt des Landes Schleswig-Holstein erkennbar nicht der Fall.
Wir können froh sein, dass wir im vergangenen Jahr zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder einen im Abschluss verfassungsgemäßen Haushalt erreicht haben. Mit dem in diesem Jahr zu verabschiedenden Doppelhaushalt 2009/2010 wollen wir wieder zu einem Haushalt zurückkehren, der schon bei seiner Aufstellung den Vorgaben unserer Verfassung genügt.

All das ändert aber nichts an der Tatsache, dass nach wie vor unsere Ausgaben die Einnahmen übersteigen, wir deshalb neue Schulden machen müssen und der Schuldenberg des Landes weiter wächst.

Im Rahmen des Tragfähigkeitskonzeptes ermittelt die Tragfähigkeitslücke 1 welche Anpassung erforderlich wäre, damit die Schuldenquote des Landes nicht weiter ansteigt. Diese Tragfähigkeitslücke wird im vorliegenden Bericht mit 1,18% pro Jahr ermittelt, d.h. der für die Zukunft prognostizierte Ausgabenstrom müsste in jedem Jahr um 1,18% abgesenkt werden, um die Schuldenquote konstant zu halten.
Für den unbedarften Leser mag das zunächst eine überschaubare Größenordnung sein, die sich aber schnell relativiert, wenn wir uns vor Augen führen, welche Ausgabensteigerungen allein in dem großen Block der Personalkosten angesichts von Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst von 5% in diesem Jahr zu erwarten sind.
Selbst wenn es gelingen sollte, diese Tragfähigkeitslücke 1 zu schließen, würde das nichts anderes bedeuten, als dass die Haushaltslage im Jahr 2050 genauso katastrophal wäre wie heute und somit nach wie vor keine politischen Gestaltungsspielräume vorhanden wären.

Deshalb kommt dieser Bericht genau zum richtigen Zeitpunkt, nämlich zum Beginn der diesjährigen Beratungen zum Doppelhaushalt 2009/2010. Er führt uns vor Augen, dass es noch weit größerer Anstrengungen bedarf. Das Erreichen eines verfassungsgemäßen Haushaltes ist dabei ein wichtiger Schritt, kann aber dennoch nur eine Durchgangsstation sein.

Deutlich wird anhand des vorliegenden Berichtes auch, dass es hierfür eines ganzen Maßnahmenbündels bedarf, welches sowohl auf der Ausgaben- als auch auf der Einnahmenseite ansetzen muss.
Vieles was die Große Koalition in den letzten Jahren beschlossen hat, fügt sich vor diesem Hintergrund wie ein Mosaik zusammen.

Auf der Ausgabenseite wird mit dem Bildungspakt sichergestellt, dass bei rückläufigen Schülerzahlen jeder einzelne Schüler zukünftig mehr Bildung erhält und gleichzeitig rund die Hälfte des Demographiegewinns zur Konsolidierung des Landeshaushaltes verwendet wird.

Für einen darüber hinausgehenden Personalabbau hat die CDU Landtagsfraktion mit ihrem Personalmanagementkonzept das geeignete Instrumentarium aufgezeigt. Das Beispiel des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume zeigt, dass mit den bereits eingesparten 162 Mitarbeitern und den insgesamt angestrebten 300 Mitarbeitern sogar Werte oberhalb unseres Zielkorridors erreicht werden können.
Auf der Einnahmenseite haben wir mit der Förderpolitik im Rahmen des Schleswig-Holstein-Fonds und dem Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein, mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und mit der Ansiedlung von neuen Forschungseinrichtungen wichtige Wachstumsimpulse gegeben, die in der Konsequenz zu einer Steigerung des Bruttoinlandsproduktes und damit den Steuereinnahmen führen werden.

Mit dem beschlossenen Ausbau der Kinderbetreuung für unter 3 Jährige erleichtern wir die Erwerbstätigkeit von Frauen. Und selbst die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit fügt sich als weiterer Mosaikstein ein, denn sie ermöglicht den Schülerinnen und Schülern einen früheren Einstieg in das Berufsleben, was wiederum zu längeren und damit höheren Zahlungen von Sozialabgaben und Steuern führt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, spätestens mit dem Vorliegen dieses Tragfähigkeitsberichtes – eigentlich schon seit dem Seitz-Gutachten aus dem Jahr 2006 – kann niemand mehr behaupten, er hätte nicht gewusst, was da auf uns zukommt. Wir haben weiß Gott kein Erkenntnisproblem.

Jetzt kommt es nur noch darauf an, diese Erkenntnisse auch bis zu den Haushaltsberatungen nach den Sommerferien aufrecht zu erhalten. Dann wäre schon viel gewonnen.

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Max Schmachtenberg
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