| Nr. 447/07
zu TOP 6: Der vorliegende Gesetzentwurf trägt allen Erfordernissen eines modernen Jugendstrafvollzugs Rechnung
Freigabe: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort.
Mit dem vorliegenden Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes kommt der Landtag einer Verpflichtung zur Gesetzgebung nach, die aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 resultiert. Darin wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2007 ein eigenes Jugendstrafvollzugsgesetz zu schaffen, welches den besonderen Anforderungen des Strafvollzugs im Bereich von jugendlichen und heranwachsenden Straftätern gerecht wird.
Von maßgeblicher Bedeutung ist zudem die Föderalismusreform, durch welche die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder übertragen wurde. Die Vorgaben aus Karlsruhe sind dementsprechend durch die Länder umzusetzen.
Darin liegt allerdings auch die grundsätzliche Gefahr einer Zersplitterung sowie eines Wettbewerbs der Länder um den billigsten und den schärfsten Strafvollzug in der Bundesrepublik Deutschland. Lobend möchte ich daher erwähnen, dass die Eckpunkte in einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet wurden. Dies ist der richtige Weg, um gerade auch im Interesse der inhaftierten Jugendlichen bundeseinheitliche Vollzugsstandards zu gewährleisten.
Das Land Schleswig-Holstein hat sich der Aufgabe, den Jugendstrafvollzug in angemessener Form zu regeln, gestellt und sie – wie ich finde – in sehr guter Weise gelöst.
Das Ergebnis ist ein Gesetzentwurf, der sich am Ziel orientiert, jugendlichen Straftätern ein straffreies Leben und eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu gewährleisten. Wir können es uns schlicht nicht leisten, schon im Jugendstrafvollzug kriminelle Karrieren zu verfestigen.
Der Gesetzentwurf wurde bereits im Vorfeld vielfach öffentlich gelobt. Im Rahmen der Anhörung wurden insbesondere die Offenheit des Gesetzgebungsverfahrens sowie die frühzeitige Einbindung von Praktikern und Wissenschaftlern betont.
Nach den diversen Anhörungen und intensiven Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss bin ich denn auch der festen Überzeugung, dass der Gesetzentwurf nicht nur den Bedürfnissen der Inhaftierten gerecht wird, sondern auch den Vorstellungen der Strafvollzugsbediensteten. Dies ist von erheblicher Bedeutung, denn sie sind es, die täglich den oft schwierigen direkten Umgang mit den Inhaftierten pflegen und aus praktischer Erfahrung wissen, worauf es ankommt.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt allen Erfordernissen eines modernen Jugendstrafvollzugs Rechnung.
Es geht nicht nur um das Wegschließen, sondern gerade auch darum, ein möglichst straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen. Tatsächlich müssen wir uns in vielen Fällen fragen, ob um die Resozialisierung geht oder vielmehr erst um die Sozialisierung.
Deshalb versteht es sich von selbst, dass entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes der Erziehungsauftrag im Mittelpunkt des Entwurfes steht.
Insgesamt wird ein ganzheitliches Konzept entwickelt, welches daran orientiert ist, auch im Strafvollzug eine Tagesstruktur zu gewährleisten, die der im „normalen Leben“ weitgehend entspricht. Der Tag wird daher strukturiert in Arbeit/Ausbildung und Ruhezeiten bzw. Freizeit.
Für sinnvoll halte ich es insbesondere auch, dass der offene Vollzug nicht zum Regelfall gemacht wird. Der Jugendstrafvollzug ist regelmäßig das letzte Mittel, mit dem der Staat auf Jugendkriminalität reagiert. Angesichts der Qualität bzw. Quantität an rechtswidrigem Verhalten, die ein junger Mensch an den Tag legen muss, um überhaupt in den Strafvollzug zu kommen, ist es nicht sachgerecht, vorrangig vom offenen Vollzug auszugehen. Insofern ist es zu begrüßen, dass im Entwurf offener und geschlossener Vollzug ohne Festlegung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses nebeneinander stehen.
Gerade auch im Freizeitbereich ist es von Bedeutung, die Inhaftierten an eine sinnvolle Gestaltung heranzuführen. Hierfür bedarf es freilich nicht unerheblicher Investitionen, die aber durch den Zweck und den Erziehungsauftrag gerechtfertigt sind.
Besonders wichtig ist ferner das Prinzip der Einzelunterbringung, um möglichen Gewalttaten zwischen den Gefangenen vorzubeugen, sie vor Übergriffen durch Mithäftlinge zu bewahren und ein hinreichendes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.
Angesichts erschütternder Vorkommnisse in einzelnen Jugendhaftanstalten in der Bundesrepublik Deutschland ist der bestehende Handlungsbedarf deutlich hervorgetreten.
Eine sinnvolle Organisation des Strafvollzugs bei Jugendlichen ist eine Investition in die Zukunft. Erziehung und Therapie müssen absoluten Vorrang haben. Der Gesetzentwurf ist daher auch mehr als eine bloße Umsetzung der Vorgaben des Verfassungsgerichtes. Zugleich wird auch der Haushaltslage hinreichend Rechnung getragen und der Investitionsbedarf auf ein darstellbares Maß beschränkt. Nun gilt es die im Gesetz skizzierten Ansätze mit Leben zu füllen und in der Praxis umzusetzen.
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Max Schmachtenberg
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