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zu TOP 35: Im Zweifel für die Umwelt

Es gilt das gesprochene Wort
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Ölbohrungen in einem Nationalpark und Weltnaturerbegebiet! Das ist eigentlich ein Widerspruch in sich selbst!

Tatsache ist, die Nordsee ist eines der größten Offshore-Fördergebiete der Welt! Auch wenn wir nur einen sehr kleinen Anteil daran haben, immerhin werden im Bereich der Mittelplate bis zu 60 Prozent der deutschen Rohölreserven vermutet. Seit 1987 wurden dort mehr als 25 Millionen Tonnen Öl gefördert. Und das ohne Ölunfälle. Die Bohrinsel Mittelplate hat als stationäre Einrichtung vorbildliche Sicherungsvorkehrungen getroffen und hat sich ihrem existierenden Bestandsschutz als würdig erwiesen.

Trotzdem, der wirtschaftliche Segen der Ölförderung birgt auch Risiken. Gerade das einmalige Wattgebiet der Nordsee ist schutzwürdig und
liegt uns in Schleswig-Holstein besonders am Herzen. Deshalb haben wir den Nationalpark Wattenmeer zu einem großen Erfolg gebracht und das Gebiet zusätzlich zum UNESCO-Welterbe angemeldet! Beides übrigens Initiativen, die in die Amtszeit der CDU-Minister Flessner und von Boetticher fielen.

Schon lange ist bekannt, dass die RWE/DEA in diesem Bereich neben der Bohrinsel Mittelplate weitere Explorationsbohrungen durchführen wollte. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung für das Land sind bei der Welterbe-Anmeldung diese Flächen ausgenommen worden. Voraussetzung dafür war, dass die Antragsteller nachweisen mussten, dass sie die neuen Fördergebiete nur von Land mit Hilfe von Schrägbohrungen ausbeuten würden. Bereits damals ist hier im Hause darüber schon heftig gestritten worden. Was die Aufsuchungen über Schrägbohrungen betrifft, so ist es gut nachvollziehbar, dass eine Beeinträchtigung der Schutzziele des Wattenmeeres kaum möglich erscheint. Etwas differenzierter sieht es bei den Explorationsbohrungen aus. Sie sind ohne Zweifel ein Eingriff, auch wenn:

1. Die Bohrungen sehr klein sind
2. Der Eingriff zeitlich begrenzt ist (15 – 22 Monate)
3. Keinerlei Einleitungen erfolgen und die Bohrlöcher wieder verfüllt werden

Die Frage, wie die naturschutzfachliche Abwägung dieses Eingriffs im Hinblick auf die Schutzziele zu bewerten ist, kann erst nach umfänglicher Prüfung geklärt werden. Wer jetzt schon vorgibt zu wissen, wie das ausgeht, hält sich für einen Propheten – nur verheißen politische Propheten in der Regel nichts Gutes. Wir werden ihnen kein Vertrauen schenken und ihren Antrag ablehnen!

Noch deutlich schwieriger ist aber die juristische Bewertung. Formal notwendig sind folgende Befreiungen bzw. Genehmigungen: bergrechtliche Genehmigung des Betriebsplanes, Genehmigung zum Eingriff (BNatSchG/LNatSchG), Befreiung zum Biotopschutz (BNatSchG), Ausnahme nach Nationalparkgesetz.

Insbesondere die Ausnahmen nach dem Nationalparkgesetz sind für die Explorationsbohrungen umstritten. Während der Mittelplate in § 6 (3) Nr. 6 eine Genehmigung eingeräumt wird, könnte für die anderen neuen Standorte zur Exploration nur die Ausnahmeregel in § 6 (4) zur Anwendung kommen. Man kann wohl sicher sein, dass bei einer Genehmigung dieser Teil durch Gerichte überprüft würde!

Auch hier kann man sagen: „Auf hoher See, im Wattenmeer und vor Gericht sind wir in Gottes Hand“.

Vor diesem Hintergrund möchte ich es weltlich ausdrücken: „Im Zweifel für die Umwelt“!

Die Genehmigungsbehörden werden die bald vorliegenden Anträge sehr genau prüfen! Denn die Herausnahmen von Enklaven bei der Anmeldung zum Welterbe ist keine Vorentscheidung oder gar ein Freifahrtschein! In jedem Fall ist sicher zu stellen, dass das wertvolle Naturerbe – das Wattenmeer – durch die Explorationsbohrungen keinen Schaden nimmt.

Sollten sich die Eingriffe verträglich gestalten lassen und die Bohrungen erfolgen, so könnte das auch zum Vorteil der Nordsee und ihrer Küsten werden. Denn die Technologie der Schrägbohrungen und die Aufsuchung von Land würde viele der über 450 Bohrinseln in der Nordsee ersetzen können. Gerade sie sind ein erheblich größeres Risiko für das Wattenmeer. Manchmal ist tiefer bohren besser als an der Oberfläche zu bleiben.

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon: 0431/988-1440

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