| Nr. 127/07

zu TOP 34: Allen Anfängen extremistischer und fremdenfeindlicher Entwicklungen entschlossen begegnen

Zunächst möchte ich dem Herrn Innenminister - sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller beteiligten Ressorts - für den umfassenden, sorgfältigen und sehr aufschlussreichen Bericht danken. Der schriftliche Bericht – wie auch Ihre Ausführungen, Herr Minister Dr. Stegner, heute hier im Parlament belegen eindrucksvoll, dass die Landesregierung Schleswig-Holstein die Bekämpfung von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit einerseits und die Stärkung der Demokratie andererseits zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht hat.

Noch mehr als für diesen Bericht möchte ich für die vielfältigen Aktivitäten, Programme und Projekte, die im fruchtbaren Zusammenwirken zum Beispiel von Staatskanzlei, Ministerien, Polizei, Justiz, Schule, Kindertageseinrichtungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Landeszentrale für politische Bildung, Sport, IQSH und einer Vielzahl von Verbänden entwickelt worden sind, um dieser Bedrohung unserer freiheitlichen Grundordnung durch Extremismus und Fremdenfeindlichkeit zu begegnen und entgegenzutreten.

Vielen Dank all den Menschen in Ehrenamt und Hauptamt, die sich dieser wichtigen Aufgabe verschrieben haben.

So positiv der Aufbau dieses Netzwerkes zu bewerten ist, so erschütternd und bedrückend ist die Tatsache, dass all diese Anstrengungen überhaupt erforderlich sind – ja, dass wir sogar trotzdem eher eine Zunahme von Gewalt und Vorfällen - mit insbesondere rechtsextremem Hintergrund, zu verzeichnen haben. Ihr Bericht zur aktuellen Lage und Entwicklung, Herr Minister Dr. Stegner, belegt dieses bedauerlicherweise.

Heute sind wir in Schleswig-Holstein in der glücklichen Lage, dass Extremisten in unserem Landtag keinen Platz haben. Aber frühere Zeiten und Zustände in diesem Hause und die jetzigen Entwicklungen zeigen, dass wir leider noch immer und verstärkt hinreichenden Anlass und Verpflichtung haben, allen Anfängen von extremistischen und fremdenfeindlichen Entwicklungen zu wehren.

In der Landtagsdebatte vom 30. Oktober 1992 hat unter anderem Dr. Peter Bendixen in klarer und unmissverständlicher Weise mit den damals im Landtag vertretenen DVU-Abgeordneten abgerechnet.

Der Landtag hat damals zu einer beeindruckenden Geschlossenheit im Kampf gegen den politischen Extremismus – gegen die DVU - gefunden. Wir haben damals Position bezogen gegen den neuen Rechtsextremismus. Alle demokratischen Fraktionen waren sich einig in der Ablehnung der Neo-Nazis und nicht zuletzt die Zurückstellung parteipolitischer Interessen hat zum Erfolg der demokratischen Kräfte geführt.

Unsere gemeinsame Aufgabe heute ist, zu verhindern, dass solche geistigen Brandstifter, wie damals die Abgeordneten der DVU, die inzwischen wohl in den Reihen der NPD wieder zu finden sind, erneut in den Schleswig-Holsteinischen Landtag oder in unsere kommunalen Parlamente gelangen.

Unsere gemeinsame Aufgabe heute ist, mit aller Kraft zu verhindern, dass wieder Menschen auf falsche Wege gelockt und politisch verführt werden.

Dieses Ziel verlangt aber auch, dass wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln konsequent und hart gegen Rechtsextremismus vorgehen.

Bedauerlich dabei ist, dass uns nach wie vor die Handhabe für ein Verbot extremistischer Parteien - wie es die NPD ist - fehlt. Dieses gilt, obwohl wir wissen, dass die politischen Ziele der NPD

- mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland in keiner Weise vereinbar sind,

- antisemitisch und fremdenfeindlich sind,

- das geistige Klima und den Boden für gewaltsame Übergriffe auf Ausländer und Minderheiten schaffen und

- Gewalttäter aktiv unterstützen.

Darum müssen wir insbesondere diese Partei – neben allen rechts- und linksextremen Gruppierungen - zumindest mit Mitteln des Verfassungsschutzes beobachten. Dass genau dies nun ein Hindernis für ein Verbotsverfahren darstellt, ist tragisch.

Gerade die Zunahme von Gewaltdelikten aus dem rechten Spektrum muss uns mit Sorge erfüllen. Da, wo die Schwellen des strafrechtlich Relevanten überschritten werden, bedarf es einer konsequenten und vor allem zügigen Handlungsweise von Polizei und Justiz.

Neben dem Einsatz aller rechtsstaatlichen Mittel kommt einem vielfältigen Aufgaben- und Maßnahmenkatalog – insbesondere der Prävention, der Aufklärung und Wissensvermittlung, wie sie im Bericht ausführlich dargestellt werden, eine immer größere Bedeutung zu.

Beispielhaft erwähnen möchte ich die Schulen. Lehrerinnen und Lehrer können weit im Vorfeld extremistische Tendenzen erkennen und ihnen entgegenwirken, wobei ich besonderen Entwicklungsbedarf allerdings noch in der Vernetzung zwischen Schule und Polizei sehe. Für eine nachhaltige Prävention ist es sicherlich wichtig, dass ein Polizeibeamter in der Schule kein außergewöhnliches Ereignis ist, sondern selbstverständlicher Ansprechpartner für die Schülerinnen und Schüler.

Aber auch der Sport kann zur Vermeidung von Gewaltkriminalität einen ganz besonderen Beitrag leisten. Sport ist nicht nur ein Mittel mit überschüssigen Energien umzugehen und seinen Körper selbst kennen zu lernen, sondern auch ein über die kulturellen Grenzen hinaus verbindendes Element. Das Projekt „Integration durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes und seiner Mitgliedsverbände ist insoweit ein wichtiger Baustein, der ausgebaut werden sollte.

Ein weiterer besonders wichtiger Baustein zur Überwindung von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit ist das gegenseitige Kennenlernen der Kulturen.

Daher sind wir in der Extremismusbekämpfung auch angewiesen auf die Mitwirkung der hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer, die ihren Beitrag zur Integration – zum gegenseitigen Kennenlernen durch das Miteinander-Leben – leisten müssen.

Diese wenigen Beispiele und der Bericht in seiner Vielfalt machen deutlich:

Die Bekämpfung des politischen Extremismus ist eine querschnittsorientierte - eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie geht uns alle an!

Dabei reicht es auch nicht aus, sich nur mit den Symptomen auseinandersetzen, sondern wir müssen die Ursachen erkennen und bekämpfen.

Politischer Extremismus weist dort seine höchsten Zuwächse auf, wo Jugendarmut und soziale Ausgrenzung stattfinden. Gefährdet sind insbesondere Jugendliche, die sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen, die keine Geborgenheit und Liebe in der Familie finden und denen Perspektiven für ihr privates und berufliches Leben fehlen. Und wer seine religiösen und kulturellen Wurzeln nicht kennt, besitzt weder ein verlässliches Wertefundament für sein Leben noch die Fähigkeit zur Integration und zur Toleranz.

Es geht also immer wieder darum, dass wir in unserem Land Chancengleichheit sicherstellen müssen. Eine gute Bildung, Ausbildung und Qualifizierung, soziale Kompetenz und ein verlässliches Wertefundament spielen hier eine Schlüsselrolle.

Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, dass sich unsere Kinder und jungen Menschen zu gefestigten Persönlichkeiten entwickeln, die zur Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung und vor allem von Verantwortung für sich selbst bereit sind – so wie es sich das Lions-Quest-Programm zum Ziel gesetzt hat.

So sind sie weniger anfällig für vereinfachende, gefährliche Ideologien.

Dieses ist einer der Wege, um unsere Demokratie zu stärken.

Denn:

„Demokratie kann nicht aufgezwungen werden; sie muss in den Herzen und Seelen der Menschen wachsen.“ So sagte Will Lawther.

Nicht außer Acht gelassen werden dürfen aber auch weitere Formen politischen Extremismusses. So sind Ereignisse
- wie kürzlich in Kopenhagen

- und linksextremen Ausschreitungen im Vorfeld des G 8-Gipfels zum Beispiel in Hamburg

- oder die eindeutigen Versuche, aus dem rechtsextremen Lager, zum Beispiel aus den strittigen hoch emotionalen Diskussionen um die Verwaltungsstrukturreform für sich Kapital zu schlagen

warnende Beispiele und Signale, die wir nicht übersehen dürfen!

Nicht zuletzt durch das regelmäßige gezielte Zusammentreffen von rechts- und linksextremen Gewalttätern werden diese Gruppen zu einem „eskalierenden Paar“, das gemeinsam bekämpft werden muss. Ihr gemeinsames Feindbild ist unser Rechtsstaat. Diesen zu schützen ist aber unser zentraler Auftrag. Wie in der „normalen“ Kriminalität hat auch hier die Prävention unbedingten Vorrang.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal deutlich machen, dass für meine Fraktion die Bekämpfung des politischen Extremismusses - ganz gleich, ob von rechts oder links – ganz gleich, aus welcher ideologischen Quelle gespeist – höchste Priorität hat. Wir müssen deshalb auch als Parlament eine gemeinsame Strategie über alle Parteigrenzen hinweg entwickeln. Der vorgelegte Bericht der Landesregierung ist dafür eine solide Grundlage.

Die ressortübergreifenden Aktivitäten und das umfassend geknüpfte Netzwerk zeigen, dass wir schon jetzt auf einem richtigen Weg sind.

Lassen Sie uns diesen eingeschlagenen Weg konsequent und gemeinsam weiter gehen.

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon: 0431/988-1440

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