| Nr. 419/08
zu TOP 25: Klimaschutz nachhaltig und sozial verträglich organisieren
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Den Kollegen Matthiesen treibt die Sorge um, dass die Finanzkrise nicht nur eine Zwischeneiszeit an den Börsen hervorruft, sondern dass in ihrem Zuge die Anstrengungen zum Schutz des Klimas nachlassen könnten. Richtig ist, man kann es der Begründung Ihres Antrages entnehmen, dass Sie erkannt haben, dass die Union die entscheidende politische Kraft in Deutschland ist, wenn es um die praktische Gestaltung des Klimaschutzes geht. Und so kann ich Sie auch gleich zu Beginn beruhigen. Die wegweisenden Beschlüsse von Meseberg, die wesentlich auf Betreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel zustande gekommen sind, gelten.
Ich darf aus der Rede der CDU-Bundesvorsitzenden vom Bundesparteitag in Stuttgart zitieren: „Ich sage all denen, die jetzt von einer Verschiebung unserer Ziele reden, ausdrücklich: Der Klimaschutz ist dieses Jahr nicht weniger dringlich als voriges Jahr.“ Wenn Sie Ihren Antrag gestellt hätten, um die Union auf diesem Weg zu unterstützen, könnten wir dem ohne weiteres zustimmen. Leider wird aus der Begründung deutlich, dass es Ihnen nicht wirklich um den Klimaschutz geht.
Er dient Ihnen bedauerlicherweise einmal mehr als Vehikel, um Ihre ideologischen energiepolitischen Thesen vorzutragen. Damit werden Sie der Verantwortung der Politik, den Klimaschutz nachhaltig und sozialverträglich zu organisieren, nicht gerecht. Über viele Jahre – viel zu lange – haben sich die Grünen- aus ihrem Herkommen vielleicht verständlich – an ein veraltetes, obrigkeitsstaatliches Umweltschutzverständnis geklammert. Sie sind heute auf dem Weg, sich auch in der Klimapolitik in einer Sackgasse zu verkeilen. Dabei sind sich die Fraktionen über das letztliche Ziel ja ziemlich einig.
Eine weitgehend klimaneutrale Energieversorgung – fast vollständig gespeist aus regenerativen Quellen – ist aus vielen guten Gründen ein unstrittiges Entwicklungsziel. Wenn wir die Aussagen des IPCC ernst nehmen – und ich gehe davon aus, dass niemand hier im Haus diese Grundaussagen in Zweifel zieht – müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht unbegrenzt Zeit haben. Um die Ziele von Meseberg zu erreichen, können wir auf keinen ökonomisch, sozial und technologisch realistischen Beitrag verzichten.
Wer heute glaubt, das regenerative Zeitalter in einem Schritt erreichen zu können, wird scheitern. Er wird sich mit Blick auf die Versorgungssicherheit technologisch verheben. Er wird mit Blick auf Produktionskosten, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze gewaltigen Flurschaden anrichten. Und – vielleicht am Wichtigsten: Er wird durch überhöhte – und unnötige – Belastungen die Akzeptanz der Bürger für den Klimaschutz gefährden.
Deshalb muss Schluss damit sein, dass klimafreundliche Brückentechnologien verteufelt werden. Das ist übrigens nicht nur die Überzeugung der Union. Das ist die Position des IPCC, insoweit auch getragen durch den von Ihnen zitierten Professor Hohmeyer und das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Wir glauben, das weitergehenden Forderungen, wie sie beispielsweise von Greenpeace-Gründer Moore postuliert werden, nämlich ein massiver Ausbau der Kernenergie, weder nötig noch sinnvoll sind. So hat die CDU auf ihrem Bundesparteitag denn auch beschlossen, dass ein Neubau von Kernkraftwerken nicht erfolgen soll, wenn wir die Meseberg-Ziele auch so erreichen – wir gehen unverändert davon aus.
Mit uns wird es aber kein blauäugiges Gutmenschentum geben. Mit der Debatte in der EU um den Emissionshandel sind knallharte wirtschaftliche Interessen verbunden.
Das muss man erkennen. Das tut die Bundeskanzlerin und das ist auch ihre Aufgabe. Die Grünen halten nach wie vor am kurzfristigen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie fest. Sie verlangen gleichzeitig, dass energieintensive deutsche Unternehmen dringend benötigtes Kapital zu Beginn eines Emissionshandelssystems in Zertifikate investieren sollen. Vergleichbare Unternehmen – beispielsweise in Frankreich – nutzen weiter klimafreundlichen Kernstrom. Um derartige Wettbewerbsfragen geht es gerade in Brüssel und nicht um das Infragestellen von Klimazielen. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Zusammenhänge nicht bis ins Letzte durchdacht haben, ansonsten wären Sie als Wirtschaftspolitiker in der Französischen Nationalversammlung besser aufgehoben denn als Umweltpolitik in Deutschland.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel