Wirtschaft | | Nr. 460/15
zu TOP 13: Bei der Überarbeitung der Regeln für Freie Berufe muß das Gemeinwohl im Blick behalten werden
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Vor einigen Monaten haben wir hier über die besonderen Qualitätsvoraussetzungen des Handwerks debattiert, heute geht es um unsere hohen Standards für die freien Berufe.
Die EU-Kommission hat die Bundesregierung aufgefordert, „Markteintrittshindernisse und Hürden, die der Erbringung freiberuflicher Dienstleistungen im Wege stehen“, abzubauen.
Das dabei von der Europäischen Kommission eingeleitete Verfahren gegen Deutschland ist zwar im Hinblick auf die Deutsche Gebührenverordnung für die freien Berufe inhaltlich nicht ganz so schlimm geworden, wie befürchtet.
Dennoch muss man sich die Frage stellen, ob mit der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission wirklich die Wettbewerbsfähigkeit der Freien Berufe in Deutschland und in den anderen Mitgliedsstaaten gefördert wird, ober ob nicht eher im Ergebnis Verbraucherschutzstandards abgesenkt werden. Das ist der Hintergrund dieser Debatte.
Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion hervorheben: Nur eine gute Qualität der Dienstleistungen kann den Binnenmarkt und die Innovationsstärke in Europa wirklich unterstützen.
Dabei ist es immer so gewesen, dass der Verbraucherschutz für den Bürger das entscheidende Kriterium für die Akzeptanz europäischer Regelungen gewesen ist. Deshalb ist es auch so wichtig, dass in diesem Zusammenhang die anerkannt hohe Qualität der deutschen Produkte und Dienstleistungen erhalten bleibt.
In Schleswig-Holstein gibt es rund 43.500 selbständige Freiberufler, die 84.000 Mitarbeiter und ca. 4.400 Auszubildende beschäftigen. Sie erwirtschaften 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes in Schleswig-Holstein. Deutschlandweit stellen die Freien Berufe nach Industrie und Handel sowie Handwerk den drittgrößten Ausbildungsbereich.
Freiberufler sind damit ein wichtiger Baustein unserer Wirtschaft. Sie stehen als Ärzte, Hebammen, Psychologen, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Ingenieure, Architekten, Journalisten, Wissenschaftler und viele weitere Berufssparten für eine Kultur von Unternehmertum, für gesellschaftliche Verantwortung und Leistungsbereitschaft. Sie tragen mit ihren hohen Standards zur Wirtschaftskraft in Schleswig-Holstein, Deutschland und Europa bei.
Deshalb muss bei einer Überarbeitung der rechtlichen Grundlagen das Gemeinwohl im Blick behalten werden. Man kann nicht auf der einen Seite den Fachkräftemangel – im übrigen nicht nur bei den freien Berufen – beklagen und ihn auf der anderen Seiten durch hohe Standards gefährden.
Deshalb fordert die CDU Schleswig-Holstein:
1. Dass die angestrebte Vereinheitlichung der Systeme in Europa nicht zu Lasten der hohen Ausbildungs- und Dienstleistungsstandards in Schleswig-Holstein und Deutschland gehen darf.
2. Die Beteiligung von Dritten am Geschäftsbetrieb eines Freiberuflers aus rein finanziellen Gründen (2012 wurde genau dies vom Bundesfinanzhof als europarechtskonform anerkannt) darf nicht gleichzeitig dazu führen, dass berufsfremde Interessen Einfluss auf die Tätigkeiten von Freiberuflern haben. So lange dies nicht sichergestellt werden kann, darf das Fremdkapitalverbot für die freien Berufe nicht in Frage gestellt werden.
Sonst wäre die Unabhängigkeit der Freien Berufe nicht mehr gegeben und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit der Freien Berufe schwer beschädigt.
Aus diesem Grund muss
3. das bestehende System der Gebühren- und Honorarordnung bzw. das Vergütungssystem der Freien Berufe in seiner grundsätzlichen Ausrichtung bestehen bleiben.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir im Ausschuss hierzu zu einem gemeinsamen fraktionsübergreifenden Antrag gelangen können. Ich beantrage Überweisung in den Wirtschaftsausschuss.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel