| Nr. 385/11
zu TOP 11: Unterschiedliche Lebensentwürfe müssen gewürdigt werden
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebginn
Zunächst einmal danke ich der Landesregierung, speziell dem federführenden Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration für den Bericht über die Ergebnisse der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz vom Frühsommer.
Das Leitthema der Konferenz war „Gleichstellung im Lebensverlauf“ auf der Basis des Gutachtens einer interdisziplinär besetzten Sachverständigenkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Ute Klammer.
Das Gutachten setzt sich mit der Lebensverlaufsperspektive von Frauen und Männern auseinander. Wesentliche Kernthemen waren hierbei die Bildung, das Erwerbsleben, die Rollenbilder, die Zeitverwendung im Spannungsfeld von Erwerbs- und Sorgearbeit sowie die soziale Sicherung im Alter.
Aus diesem Gutachten ergeben sich konkrete Punkte für die Politik. Wir begrüßen daher den einstimmigen Beschluss der Konferenz zum Leitantrag.
Die unterschiedlichen Lebensentwürfe müssen gewürdigt werden und die Politik muss mit verschiedenen Ansätzen die Partizipation von Frauen stärken, vorrangig in den Bereichen Recht, Bildung und Erwerbsleben.
Es besteht konkreter Handlungsbedarf, vorhandenes Potenzial, vor allem von Frauen, zu verstärken und durch weniger tradierte Rollenbilder der Geschlechter die Wahlmöglichkeiten auszubauen. Dazu braucht es einige Voraussetzungen, wie z.B. lebenslanges Lernen sowie Qualifizierung, bessere und flexiblere Arbeitsbedingungen, bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gerade auch im Hinblick auf die sich verändernden Familienbilder.
Die Bundesregierung wird von der Konferenz aufgefordert, Handlungsempfehlungen zu diesem Bericht in den Bereichen des Arbeits-, Familien-, Sozial-, Unterhalts-, Versorgungs- und Steuerrecht zu ergreifen. Darauf sind wir sehr gespannt!
Besonders begrüßen wir den von Schleswig-Holstein mit eingebrachten Antrag, einen Prüfauftrag zur Kostenerstattung für Frauenhausaufenthalte ortsfremder Frauen zu erteilen.
Wir haben hier in diesem Hause schon mehrfach darüber debattiert, dass Schleswig-Holstein zwar ein beispielhaft einfaches und unbürokratisches Frauenhausfinanzierungssystem aufweist, aber bedauerlicherweise keine Erstattungsansprüche zwischen den kommunalen Trägern für die Aufnahme ortfremder Frauen realisiert werden können. Sucht hingegen eine Frau aus Schleswig-Holstein ein Frauenhaus in einem anderen Bundesland auf, kann im Regelfall der dortige Träger einen Erstattungsanspruch nach dem SGB II gegenüber der Schleswig-Holsteinischen Kommune geltend machen.
Wir unterstützen ausdrücklich diesen Prüfauftrag, hier unbürokratische Abhilfe zu ermöglichen.
Ganz besonders begrüßen wir die Entscheidung der Gleichstellungsminister, eine bundeseinheitliche „Helpline“ für von häuslicher und sexueller Gewalt betroffenen Frauen ab 2013 einzurichten.
Weitere Impulse gab es zum Ausbau der Tagesbetreuung in der Pflege, die die besonderen Belange der Frauen in den Pflegeberufen thematisieren und die Initiativen zur Bekämpfung von Zwangsprostitution und Menschenhandel.
Nun kurz zum Antrag der Fraktion „die Linke“ zur Einführung des Gender Budgetings in Schleswig-Holstein.
Gender Budgeting als Teilstrategie des Gender Mainstreaming bezieht sich auf die ökonomischen, fiskalischen und finanzpolitischen Aspekte des staatlichen Handelns. Kern des Gender Budgeting ist die Anwendung von Gender Mainstreaming in Bezug auf den Haushalt. Damit soll eine systematische Analyse und Steuerung auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchgeführt werden.
Dazu wird eine systematische Prüfung aller Einnahmen und Ausgaben des Haushaltes bei der Aufstellung, Ausführung und Rechnungslegung sowie aller haushaltsbezogenen Maßnahmen auf ökonomische Effekte für Frauen und Männer sowie auf die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse erforderlich sein.
Es würde weiterhin erforderlich werden, alle Einnahmen und Ausgabentitel unter Genderaspekten zu kontrollieren. Hierzu wären umfangreiche Untersuchungen nach Umsetzungsmöglichkeiten erforderlich.
Die bisherige rechtliche und politische Verankerung der Haushaltsaufstellung ist nicht speziell auf das Gender Budgeting bezogen, was angesichts der Bedeutung der Haushaltspolitik und des erheblichen Aufwands für die tatsächliche Umsetzung von Genderanalysen Akzeptanzprobleme auslöst.
Hier wäre dann ein spezifisches Prüfverfahren nötig.
Aufwendige spezielle Implementierungsstrategien müssten eingeführt werden – in allen Fachbereichen.
Und es bräuchte dann auch konsequenterweise ein Gender Controlling bei der Haushaltsführung, das die tatsächliche Mittelverwendung im Haushalt überprüft und zudem auch noch eine Genderanalyse erstellt.
Außerdem würde noch ein Gender Budgeting Beirat oder ein Gender Rat erforderlich werden, um die Ergebnisse der Analysen und des Controllings auszuwerten.
Das meine Damen und Herren erfordert erhebliche personelle Kapazitäten in allen Ressorts, die dazu eigens geschaffen werden müssten. Zudem wäre die Schulung des vorhandenen Personals hierzu zwingend erforderlich.
So steht es in der Machbarkeitsstudie des Bundesministeriums von 2006 zum Gender Budgeting, die sodann nach der Erstellung auch schnell in der politischen Versenkung verschwand. Und da gehört sie auch hin.
Wir lehnen diesen Antrag ab!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel