Menschen mit Behinderung | | Nr. 95/22
TOP 9+10: Ein wichtiger Beitrag zur Inklusion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden heute zwei Gesetze beschließen, die die Situation Pflegebedürftiger und die von Menschen mit Behinderung weiter verbessern werden. Worum geht es? Es geht um Inklusion. Es geht um die Beseitigung und Verhinderung von Benachteiligungen. Und es geht um die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, und zwar in allen Bereichen.
Und zum anderen geht es mit dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz um die Anpassung an Regelungen neuer Wohnformen.
Ich danke Minister Dr. Garg und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Entwicklung beider Gesetzentwürfe.
Es ist doch im Grunde genommen ganz einfach: Menschen mit Behinderung wollen genauso leben wie nicht behinderte Menschen auch. Allen Menschen müssen wir die Möglichkeit zugestehen und eröffnen, ein in jeder Hinsicht erfülltes Leben zu führen. Das ist ein Grundbedürfnis – eine Jede und ein Jeder hat ein Recht darauf – im wahrsten Sinne des Wortes. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Inklusion geht uns alle an. Sie ist ein Menschenrecht und sollte heute längst selbstverständlich sein.
Von der Politik wird viel erwartet und das ist gut und richtig so. Es ist unsere Aufgabe, auf die gesellschaftlichen Entwicklungen zu reagieren, Lösungen zu finden und diese auch umzusetzen. Nicht immer ist das Erfordernis gegeben, völlig neue Normierungen zu schaffen. Es ist ebenso konsequent, bereits bestehende gesetzliche Regelungen auf den Prüfstand zu stellen und ggf. nachzusteuern. Das haben wir getan.
Im Wesentlichen zielt die Novellierung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes auf Folgendes ab:
- die Umsetzung der UN-BRK und somit mehr Klarstellung und Wirksamkeit sowie
- das Schließen von Regelungslücken
- die Fortentwicklung bei der Herstellung von Barrierefreiheit
- das Schließen bestehender Lücken in der Kommunikation mit der öffentlichen Verwaltung
Zu einem Gesetzesvorhaben gehört es aber auch, Beteiligte, sprich Expertinnen und Experten in eigener Sache zu Wort kommen zu lassen. Sie sind es, die auf Bedarfe und Situationen aufmerksam machen, die wir möglicherweise noch nicht berücksichtigt haben oder geben Denkanstöße, um Gesetzentwürfe noch besser und praxisnaher zu machen. Wir haben sowohl eine schriftliche als auch eine mündliche Anhörung zu beiden Gesetzentwürfen durchgeführt. Herzlichen Dank an alle Beteiligten für ihre Stellungnahmen.
Eine Forderung, die meines Erachtens noch zu wenig Beachtung findet – Informationen in Leichter Sprache zur Verfügung zu stellen. Dazu sollen nun die Träger der öffentlichen Verwaltung verpflichtet werden. Im Übrigen eine Forderung aus dem Anhörungsprozess. Ich unterstütze diese Verpflichtung ausdrücklich.
Besonders in Erinnerung ist mir die Forderung geblieben, Soll-Formulieren in Muss-Formulierungen umzuwandeln, um den rechtlichen Bestimmungen mehr Ausdruck zu verleihen. Den Gedanken dieser Forderungen kann ich nachvollziehen. Aber: Soll ist bereits ein Muss und verpflichtet somit auch zum Handeln. Es sei denn, es liegen besondere Gründe vor, die ein abweichendes Verhalten rechtfertigen. Im Hinblick auf Fristen wiederum, die von Behörden festgelegt werden, besteht im Übrigen ein sogenanntes pflichtgemäßes Ermessen – ob und in welchem Umfang Fristen verlängert werden. Ich komme also zu der Bewertung, dass hier kein Änderungsbedarf besteht.
Wir haben alle Anregungen und Einwände umfassend ausgewertet, abgewogen und aus der Folge daraus im Sozialausschuss in der letzten Woche einen Änderungsantrag vorgelegt. Dieser wurde einstimmig angenommen. Kurzum, basierend auf den Anhörungen haben wir folgende Änderungsvorschläge übernommen bzw. eingebracht:
- Eine frühzeitige Beteiligung, in geeigneter Form bei der Wahl der oder des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung
- Die Ergänzung des Landesbeirats um die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenbeauftragten der Werkstätten.
- Eine Ergänzung im Benachteiligungsverbot.
Das alles sind weitere Elemente, die die Rechte von Menschen mit Behinderung weiter stärken werden, den Gleichbehandlungsgrundsatz forcieren und folglich einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leisten werden.
Bereits seit 13 Jahren ist das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz in Kraft – es hat sich bewährt. Was aber gibt uns ein Blick in die Praxis für Aufschlüsse? Zum einen zeigen sich diverse Klarstellungsbedarfe im Detail auf. Zum anderen ist festzustellen, dass neue und innovative Wohnpflegeformen für Menschen mit Pflegebedarf nicht mehr in die bestehende Systematik des Gesetzes passen. Darüber hinaus sind Regelungslücken entstanden – auch diese galt es zu schließen.
Dass, was sich die Menschen wünschen – aber auch berechtigt einfordern – dass sie mit ihren Bedürfnissen und auch Wünschen ernst genommen werden. Das werden wir auch zukünftig weiter fest im Blick behalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben das Landesbehindertengleichstellungsgesetz und das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz an die neuesten Rahmenbedingungen und Lebensformen angepasst. Beide Gesetze stärken die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung. Ich bitte um Zustimmung zu den beiden Gesetzentwürfen – auf der Grundlage des angenommenen Änderungsantrages und der zusätzlich im Sozialausschuss verabschiedeten redaktionellen Anpassungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel