Haushalt | | Nr. 261/21
TOP 8+9: Jamaika hat Schleswig-Holstein richtig vorangebracht!
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Frau Ministerin Heinold, vielen Dank für das Einbringen des Haushaltsentwurfs der Landesregierung für das Jahr 2022. Es ist der fünfte Haushalt, den Jamaika gemeinsam auf den Weg bringt, und zugleich ist es der schwierigste von allen.
In den ersten Jahren dieser Legislaturperiode hat die Opposition die Geschichte erzählt, Jamaika würde nur funktionieren, weil alle Probleme und Konflikte mit zusätzlichem Geld gelöst würden. Das war natürlich totaler Quatsch.
Richtig war vielmehr, dass wir in diesen Jahren geerntet haben, was knapp zehn Jahre vorher mit der Schuldenbremse in der Verfassung und der eingeleiteten Haushaltskonsolidierung gesät worden war. Schleswig-Holstein erzielte plötzlich Haushaltsüberschüsse und die Landespolitik konnte damit gestalten - Jamaika genauso wie zuvor auch die Küstenkoalition.
Und das haben wir getan, indem wir Schulden getilgt haben, indem wir Personalengpässe vor allem an den Schulen, in der Polizei und der Justiz beseitig haben und insbesondere indem wir kraftvoll investiert haben, um den jahrzehntelangen Sanierungsstau bei uns im Land abzubauen.
Jamaika hat Schleswig-Holstein in diesen Jahren richtig vorangebracht! Und dann kam Corona und von einem Tag auf den anderen veränderte sich schlagartig vieles.
Zur Bewältigung der Pandemie und der daraus resultierenden Folgen mussten wir im Jahr 2020 die höchste Kreditaufnahme aller Zeiten tätigen. Es zeichnet uns als Parlament aus, dass alle Fraktionen in dieser Notsituation zusammengestanden haben und wir die notwendigen Entscheidungen gemeinsam getroffen haben.
So konnten wir die Pandemie bekämpfen und gleichzeitig den eingeschlagenen Kurs fortsetzen, also vor allem die Investitionen auf hohem Niveau beibehalten, statt sie wie in früheren Jahren zusammenzustreichen, nur weil sich der Rotstift hier am leichtesten ansetzen lässt.
Wer die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen bezweifelt und behauptet, hier wären Notkredite für Ausgaben verwendet worden, die in keinerlei Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stünden, der übersieht, dass wir nur durch diese Kombination so gut durch die Krise gekommen sind, wie es bei uns der Fall ist.
Allein mit der Bewältigung der unmittelbaren Corona-Folgen wäre das nicht gelungen. Mit den Mehrausgaben für Gesundheitsschutz und Wirtschaftshilfen hätten wir zwar kurzfristig die Krise gemeistert, mittel- und langfristig hätten wir aber an den Folgen von zwei verlorenen Jahren beim Abbau des Sanierungsstaus und von zwei Jahren Wettbewerbsrückstand bei Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz, Wasserstoff und Batteriezellenforschung schwer zu leiden gehabt.
Deshalb war es richtig, das eine zu tun, nämlich die Folgen der Pandemie unmittelbar zu bekämpfen, und gleichzeitig das andere nicht zu lassen, nämlich weiter in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu investieren.
Auch das hat Jamaika geschafft, nicht ganz alleine, sondern im Schulterschluss mit der Opposition. Für das gemeinschaftliche Handeln in dieser absoluten Ausnahmesituation nochmals herzlichen Dank!
Nun also der fünfte Jamaika-Haushalt. Mit dem Einsatz der Notkredit-Rücklagen in Höhe von 694 Millionen Euro zum Ausgleich struktureller Steuermindereinnahmen und zur Sicherung der Investitionen sind die Folgen der Corona-Krise weiterhin spürbar.
Gleichzeitig tun sich jenseits der Krisenbewältigung aber ganz neue Herausforderungen auf. Auch ohne Haushaltsüber-schüsse müssen diese nun im Rahmen der stark eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten bewältigt werden.
Deshalb sagte ich eingangs, dass 2022 der schwierigste Jamaika-Haushalt von allen ist. Es zeichnet Jamaika ganz besonders aus, dass wir in diesen Zeiten nicht nur einen nahezu ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorlegen, sondern es außerdem schaffen, auch noch politische Akzente zu setzen.
Das hinzubekommen ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Gerade in solch schwierigen Zeiten zeigt sich nämlich, wie gut und verlässlich eine Koalition wirklich funktioniert.
Meine Damen und Herren, zu den zusätzlichen Herausforderungen, die sich ganz unabhängig von der Corona-Pandemie ergeben haben, gehören die Verfassungsgerichtsurteile zur Besoldung von Beamtinnen und Beamten in den unteren Besoldungsgruppen sowie mit mehreren Kindern.
Wir sind das erste Bundesland, das daraus Konsequenzen zieht und finanzielle Ver-besserungen auf den Weg bringt. Dafür 45 Millionen Euro im kommenden Haushalt bereitzustellen, ist in diesen Zeiten kein Pappenstiel. Noch viel wichtiger ist aber das damit verbundene Signal, auch im kommenden Jahr den Tarifabschluss für die Angestellten im öffentlichen Dienst zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen.
Das sind unsere Landesbediensteten von früheren Regierungen ganz anders gewohnt, bei denen die Beamtinnen und Beamten oftmals als Sparschwein missbraucht wurden, um den Landeshaushalt auszugleichen.
Als SPD wäre ich deshalb ganz klein mit Hut. Statt unseren Landesbediensteten „ein paar kümmerliche Krumen hinzuwerfen“ wie sie behaupten, packen wir auf die Besoldungsanpassung in voller Höhe auch noch Verbesserungen für die unteren Besoldungs-gruppen und für kinderreiche Familien obendrauf. Wenn Sie in ihrer Regierungszeit ein ebenso guter Arbeitgeber gewesen wären wie Jamaika, dann wären wir jetzt von den Verfassungsgerichtsurteilen gar nicht betroffen.
Zeigen Sie also nicht mit dem Finger auf andere, wenn Sie für die Versäumnisse in der Vergangenheit selbst Verantwortung tragen.
Meine Damen und Herren, neben der Corona-Krise hat Deutschland in diesem Jahr eine zweite Katastrophe ereilt, nämlich das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und NRW. Dadurch richtet sich der Blick noch einmal besonders auf die Situation des Katastrophenschutzes und seine Einsatzfähigkeit.
Nur gut, dass bei uns in Schleswig-Holstein der Katastrophenschutz schon in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt und insbesondere der Fahrzeugbestand aufgestockt wurde. Das dürfte mit dazu beigetragen haben, dass sich unsere Einsatzkräfte in Rheinland-Pfalz ganz besonders bewährt haben.
Darüber hinaus war unsere Innenministerin bereits Anfang August in der Lage mit einem 10-Punkte-Programm ein ganzes Maßnahmen-bündel zur Verbesserung des Bevölkerungs-schutzes vorzulegen.
Für den Landeshaushalt stellt das gleichwohl eine zusätzliche Herausforderung dar. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass mit der Finanzierung der erforderlichen 35 Millionen Euro bereits in diesem Jahr dank geringerer Zinsausgaben begonnen werden kann.
In den gegenwärtig schwierigen finanziellen Zeiten setzen wir mit diesem Startschuss einen wichtigen Akzent für mehr Sicherheit und Schutz unserer Bevölkerung vor Katastrophen.
Eine dritte Herausforderung, meine Damen und Herren, die sich im Haushalt 2022 niederschlägt, ist die Digitalisierung an Schulen, und zwar im konkreten Fall die Ausstattung unserer Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten.
Die Corona-Pandemie hat die Defizite in diesem Bereich überdeutlich vor Augen geführt. Deshalb hat unsere Bildungsministerin bereits in diesem Jahr damit begonnen, allen Lehrerinnen und Lehrern einen Dienstlaptop zur Verfügung zu stellen, damit sich unsere Beschäftigten nicht länger mit privaten Geräten behelfen müssen. Neben der Anschaffung der Laptops entstehen allerdings auch jährlich Kosten für Support und Administration. Das geschnürte Komplettpaket belastet den Landeshaushalt 2022 mit 21 Millionen Euro zusätzlich.
Dennoch war für uns Jamaikaner vollkommen klar: Daran führt kein Weg vorbei. Für unsere Lehrkräfte muss genauso wie für alle anderen Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, dass sie die erforderlichen digitalen Endgeräte vom Arbeitgeber bereitgestellt bekommen.
Die dafür notwendigen Gelder müssen wir allerdings regelrecht zusammenkratzen. Dieser Posten macht den Großteil der eingestellten Globalen Minderausgabe von 27 Millionen Euro aus, die mit der Nachschiebeliste aufgelöst oder spätestens im Haushaltsvollzug erwirtschaftet wird.
Ich finde es beeindruckend, dass sich alle Ministerien bereiterklärt haben, hierzu ihren Beitrag zu leisten.
Angesichts von globalen Minderausgaben in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe, die in früheren SPD-Regierungszeiten als Luftbuchung einen verfassungsgemäßen Haushalt vortäuschen sollten, erscheint mir jegliche Kritik von Seiten der Sozialdemokraten an dieser Stelle mehr als heuchlerisch.
Fassen Sie sich lieber einmal selbst an die Nase, anstatt mit solcher Kritik die Menschen an der Nase herumzuführen. Jamaika arbeitet selbst in schwierigen finanziellen Zeiten immer noch solider, als es die SPD jemals getan hat.
Meine Damen und Herren, wenn man sich aber an diesem Beispiel vor Augen führt, wie knapp der Haushalt 2022 kalkuliert ist und dass der Abstand zur Verfassungsgrenze gerade einmal 3,7 Millionen Euro beträgt, dann hätte man auf die Idee kommen können, die unverhofft aufgetauchten freien Mittel in der KiTa-Finanzierung für andere Zwecke einzusetzen.
Es wäre ein Leichtes gewesen zu argumentieren, dass die Corona-Pandemie alle bisherigen Planungen über den Haufen geworfen hat und dass die Mittel statt in der KiTa-Finanzierung jetzt dringender zum Beispiel für Digitalisierung an Schulen benötigt würden.
Stattdessen hat sich Jamaika dafür entschieden, auch an dieser Stelle Wort zu halten. Die Zusagen des Koalitionsvertrages werden erfüllt, indem die Mittel für die Entlastung von Eltern und Kommunen sowie für weitere Qualitätsverbesserungen eingesetzt werden.
Im Lichte der Gesamthaushaltslage ist diese Entscheidung umso bemerkenswerter und ich bin mir nicht sicher, ob andere Regierungen genauso gehandelt hätten.
Ich denke, wir können deshalb zu Recht sagen: In guten wie in schlechten Zeiten hat sich Jamaika in Schleswig-Holstein bewährt.
Wir bewältigen die Corona-Krise, wir investieren dauerhaft auf hohem Niveau in die Zukunft und gleichzeitig setzten wir politische Akzente, die Schleswig-Holstein in den letzten Jahren gutgetan haben.
Und erfreulicherweise erleben wir derzeit, dass sich die Steuereinnahmen besser entwickeln als vorhergesagt. Schon der Haushalt 2020 hatte ja mit einem geringeren Minus abgeschlossen als geplant. Dasselbe erleben wir auch in diesem Jahr.
Mit der Steuerschätzung im November dürften die Lücken in der Finanzplanung, die die Corona-Krise gerissen hat, deshalb zunehmend kleiner werden. Zukünftige Haushaltsüberschüsse rücken damit wieder in den Bereich des Möglichen.
Allerdings gehört zur Wahrheit auch dazu, dass diese nicht sofort für Mehrausgaben zur Verfügung stehen. Zuallererst müssten nämlich diejenigen Kredite getilgt werden, die zum Ausgleich der konjunkturellen Steuerausfälle im diesem und im vergangenen Jahr aufgenommen wurden.
Und gleichzeitig zeichnen sich schon jetzt erheblicher zusätzlicher Mehrbedarf in den nächsten Jahren ab:
Angefangen von verstärkten Klimaschutzmaßnahmen in der Landesverwaltung, über den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen und erhöhten Investitionen in unsere Krankenhäuser bis hin zur Beseitigung der Munitionsaltlasten im Meer.
All das wird den Landeshaushalt weiter belasten und die finanzielle Lage herausfordernd gestalten. Deshalb kommt es in den nächsten Jahren umso mehr auf eine solide Finanzpolitik an, wie wir sie in diesen fünf Jahren betrieben haben. Ein Zurück in die Schuldenmacherei früherer Jahrzehnte ist dafür keine Alternative!
Und so ist es zwar der letzte Jamaika-Haushalt in der laufenden Legislaturperiode, aber auch für die kommende Wahlperiode erscheinen mir gemeinsame Haushalte von CDU, Grünen und FDP nicht unwahrscheinlich und ich halte das sogar für wünschenswert. Bis hier hin sage ich danke für die gute Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes und daran sollte sich auch in der Zukunft nichts ändern. Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel