Gesichtsschleier | | Nr. 107/19
(TOP 6 und 29) Ein klares Bekenntnis gegen Fundamentalisten und Ideologen setzen
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Regelung nur über Gesetze möglich
Man kann sagen, dass das Thema Vollverschleierung in Schleswig-Holstein überhaupt keine Rolle spielt und wir auf Grund von wenigen Einzelfällen eine Scheindebatte führen. Ich habe diese Argumentation hier in diesem Haus von Abgeordneten auch schon gehört. Richtig ist: Heute sprechen wir eher über Einzelfälle, wie bei dem Fall an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Trotzdem steht fest, und das hat die Antidiskriminierungsstelle des Landes auch noch einmal festgehalten, wenn wir Regelungen für den Umgang von Vollverschleierung wollen, dann brauchen wir dafür eine gesetzliche Grundlage. Deshalb ist es richtig, dass wir diese Debatte hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag führen. Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber uns mit dieser Frage zu befassen. Und deshalb ist es wichtig, dass wir heute eine umfassende Expertenanhörung mit unserem Antrag zu diesem Thema beschließen wollen.
Unterstützung der Universität Kiel
Dazu hat sich auch das Präsidium der Christian-Albrechts-Universität an die Landesregierung gewendet und darum gebeten, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, die die Richtlinie des Präsidiums der CAU zum Tragen eines Gesichtsschleiers unterstützt. Auch deshalb sind wir in der Pflicht uns ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir dürfen die Universität mit dieser Frage nicht alleine lassen. Das Gleiche gilt auch für die Schulen. Ein erster Fall ist bereits bekannt und es ist absehbar, dass wir auch an unseren Schulen mit weiteren Fällen rechnen müssen. In Niedersachsen wurde das Schulgesetz unter einer rot-grünen Landesregierung deshalb auch geändert. Dort wurde Klarheit geschaffen und Vollverschleierung in den niedersächsischen Schulen verboten.
Gerade deshalb verstehe ich nicht, dass die SPD eine Gesetzesänderung für überflüssig hält oder dieses Thema ins Lächerliche zieht. Ich erinnere mich noch gut, dass im letzten Plenum der Kollege Habersaat die Vollverschleierung mit einem Eisbärenkostüm verglichen hat. Das mag vielleicht lustig sein, wird aber der Ernsthaftigkeit dieser Sache nicht gerecht. Darum möchte ich an dieser Stelle schon bitten.
Richtlinie und Kommunikation in der Bildung
In der Richtlinie der CAU wird festgehalten, dass Kommunikation ein wesentlicher Bestandteil von Forschung und Lehre ist. Zu einer offenen Kommunikation gehört nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch Mimik und Gestik als ein wesentliches Element. Das ist übrigens auch etwas, was in der Kommunikationsforschung vollkommen unstrittig ist. Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Es ist von großer Bedeutung sich gegenseitig zu sehen, um sich zu verstehen. Wird man beobachtet, ohne selbst den Beobachtenden sehen zu können, ist Letzterer in einer überlegenen Position.
Und gerade in der Bildung wünschen wir uns Kommunikation auf Augenhöhe. Das gilt für Professoren, aber eben umgekehrt auch für Studenten. Nicht nur deshalb finden wir die Richtlinie der CAU richtig.
Vollverschleierung als religiöses Symbol
Wesentlich für diese Diskussion ist auch die Fragestellung, ob ein Gesichtsschleier überhaupt durch die Religionsfreiheit geschützt werden muss. Ich möchte nochmal deutlich sagen, dass wir nicht über ein Kopftuch sprechen, sondern ausschließlich über die Vollverschleierung des Gesichts durch einen Nikab oder eine Burka.
Ein Kieler Imam hat noch einmal festgehalten, dass eine Vollverschleierung auf Basis des Korans nicht vorgeschrieben ist. Spannend dazu sind auch die Ausführungen der Kieler Uni-Vizepräsidentin und Professorin für Islamwissenschaften Frau Anja Pistor-Hatam. Sie stellt in einem im letzten Jahr veröffentlichten Artikel fest, dass die Mehrheitsmeinung der islamischen Gelehrten und auch der Laien ist, dass der Gesichtsschleier nicht geboten ist. Es gäbe zwar fundamentalistische Gruppen, die ein religiöses Gebot für einen Gesichtsschleier sähen, diese könnten sich aus ihrer islamwissenschaftlichen Sicht jedoch nicht auf die Religionsfreiheit berufen. Der Gesichtsschleier sei ein Zeichen von Fundamentalismus und Ideologie. Und da ist auch der wesentliche Unterschied zum Tragen von Kleidungsstücken zum Beispiel aus medizinischen Gründen. Das Tragen eines Nikabs, so die Wissenschaftlerin, läge klar in dem ideologischen Hintergrund, den der Gesichtsschleier repräsentiere.
Salafismus will die Gesellschaft verändern
Und genau das dürfen wir in dieser Debatte nicht ausblenden, sondern müssen klar benennen, wer unsere Freiheit herausfordert und sich auf Verfassungsrechte berufen möchte. Mittlerweile wissen wir, dass Katharina K. kein armes afghanisches Mädchen ist, das von ihrer Familie gezwungen wird eine Vollverschleierung zu tragen und durch die Richtlinie der CAU keine Bildung bekommt. Katharina K. ist deutsche Konvertitin und steht im direkten Kontakt mit Salafisten konkret der Föderalen Islamischen Union. Diese Organisation, bedroht unsere freiheitliche Grundordnung und wird deshalb durch den Verfassungsschutz beobachtet. Wesentliche Protagonisten stehen nachweislich im Kontakt zu Attentätern des 11. Septembers und zu Szenegrößen wie Pierre Vogel und Sven Lau. Der organisierte Salafismus, das sagen uns alles Experten, ist in Schleswig-Holstein angekommen. Und ich sage hier für meine Fraktion sehr deutlich, wenn wir unsere Freiheit verteidigen wollen, dann dürfen wir uns von diesen Kräften nicht an der Nase herumführen lassen, wir müssen klar Grenzen aufzeigen und wehrhaft sein.
Gesellschaft und Frauen
Um ein anderes Beispiel aufzugreifen. Ich bin nicht dafür, dass wir in unserer Gesellschaft Vielehen akzeptieren sollten. Dafür haben wir klare Regelungen getroffen. Es gibt also Grenzen, die wir uns für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft setzen. Und das gilt für mich auch bei dem Thema Vollverschleierung. Hier wird für mich eine Grenze überschritten.
Für beide Themen gilt: Es geht auch um die Unterdrückung von Frauen. Und wenn wir in der Sprache, beim Einkommen oder durch Parität in den Parlamenten die Unterdrückung von Frauen zum Thema machen, dann gilt das erst recht beim Thema Vollverschleierung. Denn ich habe noch nicht gehört, dass ein Mann einen Nikab oder eine Burka aus religiösen Gründen tragen möchte. Damit wird das Thema auch zu einer Geschlechter Frage.
Jamaika Antrag will Debatte
Wir brauchen eine Auseinandersetzung zu diesem Thema, das hat die Debatte in den letzten Tagen gezeigt. Und, das habe ich eingangs deutlich gemacht, es gehört in den Landtag, weil nur wir als Gesetzgeber am Ende dazu Regelungen finden können. Deshalb ist eine umfassende Expertenanhörung im Bildungsausschuss dazu genau der richtige Weg. Wenn es nach mir geht, lassen wir die Schulen und die Kieler Universität mit diesem Thema nicht alleine. Lassen Sie uns gemeinsam ein klares Bekenntnis gegen Fundamentalisten und Ideologen in unserem Land setzen.
Danke, dass Sie mir zugehört haben.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel