Minderheitensprachen | | Nr. 388/23
TOP 5: Professuren nach dem Prinzip der Bestenauslese besetzen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrtes Präsidium,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der vorliegende Antrag der Fraktion des SSW zur Änderung des Hochschulgesetz möchte bei der Ausschreibung und der Besetzung von Regional- und Minderheitensprachen Sonderregelungen schaffen. Zum einen sollen die Tatbestände für einen Ausschreibungsverzicht um die Professuren für Regional- und Minderheitensprachen ergänzt werden.
Zum anderen soll bei der Besetzung von Juniorprofessuren und Juniorprofessuren mit Tenure-Track für Regional- und Minderheitensprachen auch eine Berufung mit Bewerbern und Bewerberinnen der eigenen Hochschule („Hausberufung“) möglich sein. Zur Erklärung: Tenure-Track bedeutet so viel wie ein „Verfahren zur Festanstellung“.
Die Besetzung der Professur Frisistik an der Christian-Albrechts-Universität war bisher nicht erfolgreich. Das Hochschulgesetz besagt, dass auch bei Juniorprofessuren mit Tenure-Track zwingende Voraussetzung ist, dass die Bewerberinnen und Bewerber nur berufen werden können, wenn Sie nach der Promotion mindestens zwei Jahre außerhalb der berufenden Hochschule tätig waren.
Für die Besetzung der Professur für Frisistik an der Christian-Albrechts-Universität wäre eine Gesetzesänderung vielleicht eine Lösung, die Stelle schneller besetzen zu können, um den Schutz der Sprache zu gewährleisten. Aber: der Schutz- der Regional- und Minderheitensprachen ist in unterschiedlichsten Regelwerken gesetzlich verankert. Aber keine dieser Regelungen ist eine Grundlage für den Vorschlag der SSW-Fraktion. Und keiner davon besagt eine Ausnahme vom Grundsatz der Bestenauslese.
Dänisch und Nordfriesisch fallen in Schleswig-Holstein unter die Minderheitensprachen. Unter eine Regionalsprache fällt Niederdeutsch. Beide, die Minderheiten- und die Regionalsprache, fallen in den Anwendungsbereich der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen.
Gemäß Landesverfassung haben die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe Anspruch auf Schutz und Förderung. Gemäß Landesverfassung schützt und fördert das Land genauso Wissenschaft, Forschung und Lehre. Nach unserem Grundgesetz hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das ist die sogenannte Bestenauslese.
Die geltenden Passagen im Hochschulgesetz wirken sich, je nach Bewerberlage, auf die Besetzung aller Professuren ggf. nachteilig aus bzw. betreffen alle Professuren gleichermaßen. Die gesetzlich normierten Möglichkeiten eines Ausschreibungsverzichts knüpfen (mittelbar) an die wissenschaftliche Qualifikation an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn es der Fall wäre, also die Aufnahme der Regional- und Minderheitensprachen hinsichtlich der Sonderregelungen in das Hochschulgesetz. Dann wird der Fall eintreten, dass auch andere Fächer genau dies fordern. Sonderregelungen. Ein Beispiel wäre die Medizin.
Auch die Medizin würde die gleiche Argumentationslinie aufgreifen und zurecht sagen, dass gewisse Anwendungsbereiche unter dem besonderen Schutz des menschlichen Lebens stehen. Ja, es ist mitunter schwer eine Professur mit einem geeigneten Kandidaten zu besetzen, aber das ist kein Minderheitenmerkmal, sondern es trifft auch auf andere Professuren zu. Manchmal in der zweiten oder dritten Ausschreibung.
Es gibt einerseits den Minderheitenstatus und auf der anderen Seite des Berufungsverfahrens noch viel zu beraten und spezielle Dinge zu bedenken. Das wollen wir intensiv im Ausschuss tun und dafür wollen wir uns die Zeit nehmen und uns mit Fachleuten beraten.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel