Bildungsbonus | | Nr. 025/19
(TOP 36) Unser Bildungsbonus ist kein Gießkannenprogramm
Es gilt das gesprochene Wort
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Bildungsbonus ist eine längst überfällige Maßnahme zur Unterstützung von Schulen in sozialen Brennpunkten. Viele Bundesländer haben bereits seit Jahren ähnliche Modelle. Und es drängt sich auch bei diesem Bericht der Bildungsministerin die Frage auf, warum wir ein solches Instrument noch nicht haben. Die Jamaika-Koalition stellt bis 2022 über 30 Millionen Euro für dieses Programm zur Verfügung. Das ist eine große Summe, die deutlich macht, dass wir es ernst meinen, Schulen mit besonderen Herausforderungen, wir nennen diese Schulen in Zukunft Perspektivschulen, zu helfen. Das ist ein wichtiges Projekt unserer Koalition.
Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, dass es auch in Schleswig-Holstein Quartiere und Milieus gibt, die ohne Unterstützung von außen sich nicht selber helfen können. Brennpunkte zeichnen sich dadurch aus, dass viele Probleme sich auf engstem Raum ballen. Und immer wieder sind es gerade Kinder, die am meisten unter diesen Umständen leiden. Davon sind auch die Schulen betroffen. Fehlende Deutschkenntnisse, Alkoholsucht der Eltern, Bildungsferne über mehrere Generationen, Arbeitslosigkeit und Armut, Gewalt in der Familie – das sind Problemfelder, die vor dem Klassenzimmer nicht halt machen. Klar ist, wir können mit dem Bildungsbonus unterschiedliche Sozialstrukturen in verschiedenen Stadtteilen nicht auflösen, aber wir können einen Beitrag dazu leisten, die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Das muss unser Ziel sein.
Der Handlungsbedarf ist groß. So groß, dass Schulleitungen und Lehrer mit „Schulen am Wind“ in Kiel einen Verein gegründet haben, um deutlich zu machen, hier ist Hilfe dringend notwendig. Und ich kann verstehen, dass die Opposition natürlich das Haar in der Suppe suchen will. Ich sage aber sehr deutlich in Richtung SPD und SSW, sie müssen sich bei aller Kritik im Detail am Bildungsbonus auch die Frage gefallen lassen, warum Sie nicht schon in der vergangenen Wahlperiode ein solches Programm aufgelegt haben. Denn das zeigt der Bericht auch, gezielte Förderung für Schulen in schwierigen Lagen hat es in der vergangenen Legislaturperiode nur rudimentär gegeben. Wie mit „Kein Kind ohne Mahlzeit“ machen wir auch mit dem Bildungsbonus deutlich, dass diese Jamaika-Koalition Sozialpolitik eng mit Bildungspolitik zusammen denkt. Das ist ein Ansatz, der am Ende auch bei den Kindern ankommen wird.
Unser Bildungsbonus ist kein Gießkannenprogramm, das Wohltaten im ganzen Land verteilen soll. Sondern uns geht es darum dort Mittel einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Und das werden nicht hunderte von Schulen sein, sondern es wird darum gehen die 10, 20 oder 30 Schulen zu identifizieren. Und deshalb steht am Anfang die Analyse, die mit wissenschaftlicher Unterstützung vom IPN durchgeführt wird. Das Ergebnis wird ein Sozialatlas sein, der uns erstmals einen fundierten Überblick an Hand von objektiven Kriterien gibt, wo Handlungsbedarf besteht. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, denn ich erwarte mir von dem Sozialatlas auch Informationen, die nicht nur für den Bildungsbonus alleine interessant sind. Insgesamt kann der Sozialatlas uns neue Impulse für bildungspolitische aber auch sozialpolitische Maßnahmen geben. Deshalb sollten wir uns dafür auch die notwendige Zeit nehmen.
Und dann habe ich ja vernommen, dass es Kritik daran gibt, dass die Schulen sich um die Bildungsbonusmittel bewerben müssen, und dass die Landesregierung behaupten würde, dass die Schulen selber Schuld an ihrer Lage hätten.
Zum ersten, wir finden es richtig, dass sich die Schulen konzeptionell mit dem Bildungsbonus beschäftigen und ihre Ziele und Vorhaben zur Schul- und Unterrichtsentwicklung beschreiben. Denn Geld alleine, das macht ja auch der Bericht noch einmal deutlich, hilft den Schulen nicht. Es geht darum, ein übergreifendes Qualitätsentwicklungskonzept, systematisches Schulleitungshandeln, produktiver Umgang mit Heterogenität und eine hohe Qualität der internen und externen Beziehungen und Netzwerke in den Schulen sicherzustellen. Das ist kompliziert ausgedrückt, führt aber dazu, dass Schulen diese Ziele nur erreichen können, wenn vorher klar bestimmt wird, wofür das Geld eingesetzt wird. Und das macht der Bericht ja auch deutlich, wofür das Geld ausgegeben wird, ist den Schulen freigestellt. Ob für Kooperationen mit externen Partnern, für zusätzliche Erzieher, Sozialpädagogen, Lerntherapeuten oder einfach ein mehr an Lehrerstunden. Die Schulen können an dieser Stelle eigene Konzepte entwickeln.
Zum zweiten, keiner! gibt den Schulen Schuld an den besonderen Herausforderungen. Das hat die Ministerin nicht gesagt und das lässt sich auch aus dem Bericht an keiner Stelle herauslesen. Klar ist aber, Schulen können durch ein gutes Schulkonzept an schwierigen Standorten erfolgreicher sein. Und wir wissen auch, dass die Schulleitungen ein ganz entscheidender Faktor dabei sind. Und ich finde es richtig, dass diese Erfolgsfaktoren klar benannt werden.
Und ein Letztes: Ich habe ja jetzt auch schon wieder gehört, dass wir aufpassen müssen, dass zukünftige Perspektivschulen nicht stigmatisiert werden. Meine persönliche Erfahrung ist, Schulen in sozialen Brennpunkten, um Ihre Lage wissen und das wissen auch die Menschen vor Ort. Und diese Schulen machen auch schon heute eine hervorragende Arbeit. Und ich glaube, dass wir keine Schule als Perspektivschule identifizieren werden, die vollkommen überrascht sein werden, dass sie von dem Bildungsbonus profitieren. Und gerade deshalb ist die Einführung des Bildungsbonus aus unserer Sicht überfällig.
Danke, dass Sie mir zugehört haben.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel