Untersuchungsausschuss | | Nr. 068/18
(TOP 31) Wir wollen aufklären. Und wir wollen auch zu einem Abschluss kommen
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Landtag wird heute den ersten Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode beschließen. Der Ausschuss wird den Auftrag haben, die sogenannte „Rockeraffäre“ in dem Rahmen zu untersuchen, den wir heute beschließen werden.
Die „Rockeraffäre“ beschäftigt dieses Land nun seit Beginn der Ermittlungen um das Subway-Verfahren im Jahr 2010. Aber der Sachverhalt, über den wir heute hier und künftig im Untersuchungsausschuss sprechen werden, geht noch weiter zurück.
Er beginnt mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum NPD-Verbotsverfahren aus dem Jahr 2003 und dessen Auswirkungen auf die Vertrauenspersonenführung. Er zieht sich durch die Rockerkriege, die Ende der 2000er Jahre auch in Schleswig-Holstein tobten und denen der Staat Herr werden musste – und Herr geworden ist. Er findet einen seiner traurigen Höhepunkte in dem Überfall auf Angehörige der „Red Devils“ durch Mitglieder der Rockergruppe "Bandidos".
Es geht um die anschließenden Ermittlungen durch die Landespolizei und die Behandlung von entlastenden Informationen in Strafverfahren. Der Umgang von Kollegen untereinander und auch von Vorgesetzten und ihren Untergebenen wird Thema werden. Es wird um die Überwachung von Personen gehen und um das Verbotsverfahren gegen das „Bandidos Probationary Chapter Neumünster“.
Ein breites Spektrum also, dass auch miteinbeziehen wird, ob die Bewertungen politischer Handlungsträger richtig waren. Wir werden uns die Ermittlungsmaßnahmen, den dienstinternen Umgang mit Informationen und Vertrauenspersonen genauso anschauen müssen wie die Bewertungen der verschiedenen Beteiligten in Bezug auf die Mobbingvorwürfe. Damit meine ich auch den Bericht des Mobbing-Ausschusses sowie die Schlussfolgerungen der Polizeibeauftragten und den Abschlussbericht des LKA Mecklenburg-Vorpommern.
Zahlreiche Urteile sind seit 2010 sowohl durch die Verwaltungs- als auch durch die ordentliche Gerichtsbarkeit gefällt worden.
Und hierzu sage ich bereits jetzt: Unsere Aufgabe wird es nicht sein, als eine Art Superrevisionsinstanz für Betroffene Geschehenes rückgängig zu machen. Und wir treten auch nicht an, im Nachhinein alles besser zu wissen. Aber wir werden aufklären, ob und was falsch gelaufen ist, und ob bzw. welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssen.
Die Regierungsfraktionen werden sich konstruktiv und verantwortungsbewusst an der Aufklärung all dessen beteiligen, was hier zur Untersuchung von der SPD benannt wird. Deswegen ist es unser Ziel, mit unseren Ergänzungen unseren Beitrag zu leisten. Wir wollen aufklären. Und wir wollen auch zu einem Abschluss kommen.
Im Laufe der Akteneinsicht sind mir mehrmals Vermerke und Notizen aufgefallen, die davon sprechen, dass die Betroffenen für sich gerade keinen Abschluss mit diesen Vorgängen gefunden haben. Für diejenigen, um die es hier geht, ist die „Rocker-Affäre“ nicht vorbei. Für sie hält sie seit fast einem Jahrzehnt an.
Auch diese Personen sind aufgerufen, sich an der Aufklärung zu beteiligen, um dieses Kapitel am Ende für sich abschließen zu können.
Auch deshalb haben wir unseren Ergänzungsantrag gestellt. Wir möchten untersuchen, welche Auswirkungen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.03.2003 auf die Vertrauenspersonenführung hatte. Wurden die dort konstituierten Vorgaben eingehalten? Haben diese Einfluss auf das Verbotsverfahren der Rockergruppen in Schleswig-Holstein gehabt? Wie haben die Vorgaben sich auf die Ermittlungen im Bereich der Rockerkriminalität generell ausgewirkt?
In diesem Sinne möchten wir auch, dass der Untersuchungsausschuss sich mit den politischen Konsequenzen der „Rocker-Affäre“ auseinandersetzt. Unser Innenminister Grote hat aus meiner Sicht richtig gehandelt, als er den Sonderermittler Buß ernannt hat. Wir möchten wissen, welche Maßnahmen dieser ergriffen hat, um den Untersuchungsgegenstand aufzuklären. Vielleicht liegen auch bereits erste Ergebnisse vor.
Aus unserer Sicht wäre es klug gewesen, den Abschlussbericht des Sonderermittlers abzuwarten. Ich denke, dieser hätte eine Vielzahl von Fragen aufklären können. Aber auch ohne Abschlussbericht ist es gut, dass der Sonderermittler und dessen Untersuchungen zumindest teilweise in die Untersuchungen des Ausschusses aufgenommen werden.
Wir wollen aufklären, welche Auswirkungen die „Rocker-Affäre“ auf Karrieren der Beteiligten hatte, die in Zusammenhang mit den Untersuchungen der Soko-Rocker standen. Hierzu gehört auch die Besetzung des Postens des Landespolizeidirektors ab dem 01.01.2014.
Hier wird zu fragen sein, welche Kenntnis die damalige Hausspitze des Innenministeriums von den Vorgängen hatte und welchen Einfluss diese Kenntnis auf das Bewerbungsverfahren um die Neubesetzung des Landespolizeidirektorpostens hatte.
Hierzu gehören auch unsere Fragen, welches Ergebnis denn der Mobbing-Ausschuss in seinem Zwischenbericht von Anfang 2013 vorlegte und wer davon Kenntnis hatte. Welche Konsequenzen wurden innerhalb der Landespolizei daraufhin gezogen? Wir wissen, dass der Mobbing-Ausschuss durch andere Maßnahmen ersetzt wurde. Ob das zu optimalen Strukturen im Umgang mit solchen Vorfällen geführt hat, kann jetzt noch nicht bewertet werden, aber auch das ist Ziel des kommenden Untersuchungsausschusses.
Ich bin der Überzeugung, dass vieles von dem, was wir untersuchen werden, ordentlich und richtig durch die Landespolizei erledigt wurde. Ich bezweifle Vorwürfe, die Landespolizei habe Journalisten abgehört. Sollte es aber dafür konkrete Hinweise geben, werden wir auch dieser Frage nachgehen. Der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses lässt uns hierfür genug Spielraum, um in den benannten Bereichen auch flexibel zu reagieren.
Es hätte zwar aus meiner Sicht Sinn gemacht, die Ergebnisse der Untersuchung des Sonderermittlers und auch die der Staatsanwaltschaft Lübeck, die seit Sommer vergangenen Jahres ermittelt, abzuwarten, aber wir werden heute der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen. Und wir wollen durch unseren Antrag (wichtige) Impulse geben für und die Aufklärungsarbeit fördern und unterstützen.
Wir machen dies auch, um unserer Polizei den Rücken zu stärken. Wenn es strukturelle Defizite in der Polizei gab, dann möchten wir wissen, ob und wie diese behoben wurden. Wir sind fest von der guten Arbeit der Landespolizei überzeugt und wollen die Polizei durch Sachverhaltsaufklärung auch vor unberechtigten Vorwürfen schützen. Aber wir möchten auch Problemfelder dort angehen, wo sie bestehen.
Es wird deshalb auch zu klären sein, ob die politische Ebene die Arbeit der Polizei ausreichend unterstützt und richtig geführt hat. Dabei soll und darf es nicht um ein “fröhliches Scheibenschießen“ auf Ex-Innenminister gehen. Wir müssen für die Zukunft die richtigen Konsequenzen aus möglichen Fehlern ziehen. Dort wo Probleme aufgedeckt werden, möchten wir diese abstellen.
Wir sehen es als Aufgaben von Parlament und Ausschuss der Regierung zu helfen, Strukturen zu optimieren und unsere Landespolizei auf erfolgreichem Kurs zu halten. In diesem Sinne freue ich mich auf eine konstruktive fraktionsübergreifende Zusammenarbeit im kommenden 1. parlamentarischen Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode.
Wir stimmen dem Einsetzungsantrag der Kollegen zu und bitten um Zustimmung für unseren Ergänzungsantrag.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel