Journalismus | | Nr. 159/20
TOP 31: freie Presse ist unabdingbar
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
starker und unabhängiger Journalismus ist für unsere Demokratie konstituierend. Ohne freie Berichterstattung ist ein demokratischer Rechtsstaat, in dem wir leben möchten, unvorstellbar. Eine freie Presse, die den Bürgern Informationen bereitstellt, ist auch unabdingbare Grundlage für die Meinungsfreiheit.
Insofern bin ich froh, dass unser Grundgesetz hier eindeutig ist und die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung Teil der Grundrechte sind.
Am 03. Mai feierten wir den Tag der Pressefreiheit, wobei ich mich natürlich schon ein Stückweit frage, ob das Verb „feiern“ hier richtig gewählt wurde. Vermutlich ist es treffender von „ermahnen“ zu sprechen. Der „Tag der Pressefreiheit“ soll uns ermahnen, dass nach wie vor weltweit die Pressefreiheit in Gefahr ist.
Ich nenne hier nur beispielhaft die Vorgänge in Polen, Ungarn und Großbritannien, die zeigen, wie schnell eine funktionierende Presse unter Druck geraten kann. In anderen Ländern wie Russland oder China ist eine freie Presse seit Jahrzehnten nicht mehr vorhanden. Die Presse ist dort Teil der Kontrollwerkzeuge, mit denen man die eigene Bevölkerung drangsaliert.
Zur Pressefreiheit gehören auch die Bestands- und die Entwicklungsgarantie für einen funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk die ihm auferlegte Pflicht zur Grundversorgung der Bevölkerung mit Hörfunk- und Fernsehen nur erfüllen, wenn er nicht allein in seinem gegenwärtigen Bestand, sondern auch in seiner zukünftigen Entwicklung gesichert ist.
Leider gab es in den vergangenen drei Jahren im Schleswig-Holsteinischen Landtag immer wieder Initiativen, die den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner journalistischen Unabhängigkeit in Frage gestellt haben. Diese Initiativen - und das ist erfreuliche – wurden in diesem Haus in großer Einigkeit zwischen den demokratischen Parteien zu Recht abgelehnt.
Einerseits, meine Damen und Herren, können wir in deshalb Deutschland froh und dankbar sein, dass es die Alliierten waren, die nach dem zweiten Weltkrieg den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den westlichen Besatzungszonen nach dem Vorbild der BBC aufbauten, nämlich einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem Gemeinwohl verpflichtet ist.
Andererseits müssen wir im Ergebnis aber leider feststellen, dass Presse- und Rundfunkfreiheit und insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht selbständig sind und immer wieder verteidigt werden müssen.
Aber nicht nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Teil eines starken Journalismus, sondern auch die zahlreichen und vielfältigen Medienangebote der privaten Presse-, Fernseh- und Hörfunkunternehmen. Diese kommen leider in dem Antrag der SPD viel zu kurz. Zwar haben diese weniger mit ihrer Legitimation, dafür aber, was ähnlich dramatisch ist, mit zunehmend größer werdenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Zahl der Abonnemente sinkt kontinuierlich und der Anzeigenmarkt bricht immer weiter weg. Diese Entwicklung ist Gift für guten und seriösen Journalismus.
Hier müssen wir auch als Land sicherlich in naher Zukunft genauer hinsehen, denn es kann nicht in unserem Interesse sein, den Aderlass journalistischer Vielfalt einfach hinzunehmen. Ich darf daran erinnern, dass wir auch genau aus diesem Grund, für das dritte Quartal einen Bericht der Landesregierung zur Situation der Medienlandschaft in Schleswig-Holstein erbeten haben.
Wir müssen Lösungen finden, wie auch in dieser Hälfte der Dualen Medienordnung unabhängiger Journalismus fortbestehen kann. Dabei werden wir zum einen als Staat gefordert sein, zum anderen aber auch jeder einzelne Bürger, der darüber nachdenken sollte, was ihm Meinungs- und Informationsvielfalt wert ist.
Aber auch die öffentlich-rechtlichen und die privaten Medien müssen die Menschen wieder davon überzeugen, wie wichtig Qualitätsjournalismus für unsere Demokratie ist. Wir brauchen einen starken und unabhängigen Journalismus, der Sachverhalte hinterfragt, Andeutungen nicht im Raum stehen lässt und Behauptungen überprüft.
Gleichzeitig muss man auch Anforderungen an eine freie Presse stellen. Sie muss verantwortlich mit ihrer Stellung in unserer Demokratie umgehen.
Nicht die schnelle Schlagzeile, nicht erste Klicks dürfen der Maßstab sein, sondern die Qualität der Berichterstattung. Journalisten müssen Distanz wahren, sauber recherchieren, Zurückhaltung üben, wenn die Faktenlage unklar ist, Hintergründe genau ausleuchten und fair unterschiedliche Meinung zu Wort kommen lassen. Und meine Damen und Herren, sie dürfen nicht Teil der Geschichte werden.
Ich bitte um Ausschussüberweisung.
Lassen Sie mich abschließend auf die Diskussion eingehen, die wir seit einigen Tagen in Schleswig-Holstein führen. Staunend verfolgen wir wie über Pressefreiheit, Datenschutz, Berichtspflichten und Vertrauensverluste munter diskutiert wird und vieles durcheinander geht.
Zurecht werden Indiskretionen und das gezielte Durchstechen von Informationen kritisiert. Dieses ist leider nicht neu und kam in der Vergangenheit immer wieder vor, nur wurde seinerzeit bei weitem nicht so intensiv diskutiert.
Es wird dabei Vieles vermischt und das kundgetan, was politisches opportun ist.
Journalisten sind durch Gesetz besonders geschützt. Sie stehen aber nicht über dem Gesetz.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel