Opferschutz | | Nr. 292/21
TOP 3: Nur der Täter, der nicht wiederkommt, ist ein Erfolg für den Vollzug
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
Entsprechend der Vereinbarung im Koalitionsvertrag hat die Landesregierung sich gleich zu Beginn dieser Legislatur auf den Weg gemacht, die Schaffung eines Resozialisierungsgesetzes für Schleswig-Holstein zu prüfen, um gegebenenfalls ein solches zu schaffen.
Heute liegt dem Parlament der entsprechende Gesetzentwurf zur abschließenden zweiten Lesung vor. Ziel des Entwurfes ist, neben der dringenden Reformbedürftigkeit des Bewährungshilfe- und Gerichtshilfegesetzes (BGG) von 1996, und der dazu gehörigen Anordnung, die weitere konsequente Umsetzung des verfassungsrechtlich verbrieften Anspruchs Strafgefangener auf Resozialisierung. Straffällige müssen auf die Situation vorbereitet werden, sich nach der Haft wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können.
Besonders hervorheben möchte ich, dass der Gesetzentwurf gleichrangig dem hohen Stellenwert des Opferschutzes und den Schutzbedürfnissen der Verletzten Rechnung trägt.Deswegen darf sich das Gesetz völlig zu Recht Landesresozialisierungs- und Opferschutzgesetz nennen.
Opferschutz und Resozialisierung stehen nämlich nicht im Widerspruch. Nur der Täter, der nicht wiederkommt, ist ein Erfolg für den Vollzug, für die Opfer und für die Gesellschaft. Genau daran haben sich Vollzug und Wiedereingliederung zu orientieren.
Nicht alle Bundesländer haben ein eigenes Resozialisierungsgesetz. Daher wäre die Frage berechtigt, ob unser Land nun noch ein Gesetz braucht. Schließlich haben wir ja Vergleichbares bereits für unseren modernen Vollzug geregelt.
Wir müssen uns aber immer wieder vor Augen führen, dass es auch bei ambulanten Maßnahmen im Nachgang zu einer Haft um Freiheitseinschränkungen geht. Damit ist eine die Eingriffe rechtfertigende gesetzliche Grundlage unbedingt geboten.
Schleswig-Holstein setzt also konsequent den bereits mit dem Justizvollzugsmodernisierungsgesetz beschrittenen Weg eines behandlungsorientierten Vollzugs und der Stärkung der Opferrechte fort.
Ein weiterer bedeutsamer Mehrwert dieses Gesetzentwurfs ist der Vernetzungsgedanke, also die Vernetzung von staatlicher Straffälligenhilfe und den Angeboten Freier Träger in der Sozialen Strafrechtspflege.
Neben der staatlich organisierten Straffälligenhilfe bieten im Wesentlichen die Freien Träger vielfältige ambulante Leistungen an, die unverzichtbar sind. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden Regelungen zur Einbeziehung vor allem der Freien Wohlfahrtspflege in die ambulanten Beratungs- und Behandlungsangebote getroffen.
Während das BGG lediglich sehr wenige Gestaltungsgrundsätze der Leistungen der sozialen Dienste der Justiz formuliert hat, widmet der vorliegende Gesetzentwurf diesem Aspekt einen eigenen Abschnitt mit verbindlichen Vorgaben.
In der Begründung zu unserem Änderungsantrag wird vom „Geist der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen“ gesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich könnte noch weitere Aspekte nennen, die diesen Gesetzentwurf besonders auszeichnen.
Lassen Sie mich aber die geringe Zeit nutzen, um noch einen Bereich anzusprechen, über den wir in der Jamaika-Koalition am längsten beraten haben.
Es geht um die strukturelle Veränderung bei der Bewährungshilfe. Durch die nunmehr vorgesehene Installation eines Fachvorgesetzten mit sozialpädagogischer Ausbildung wird die Veränderung von Strukturen angestrebt, die sich zwischen den Akteuren in Schleswig-Holstein über Jahre eingespielt und bewährt haben. In einigen Gesprächen und schließlich auch in der mündlichen Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses haben wir das Für und Wider intensiv miteinander beraten. Am Ende hat mich kein Aspekt überzeugt. Warum gerade die sozialpädagogische Ausbildung der Fachaufsicht einen Nachteil für die Bewährungshilfe bedeuten soll. Die juristische Begleitung und Beratung bleibt daneben ja erhalten.
Ich hoffe sehr, dass es gelingt, gemeinsam eine Stellenbesetzung zu finden, vielleicht sogar aus dem Bereich der Bewährungshilfe. Da der Gesetzentwurf bis zum In-Kraft-Treten eine längere Übergangszeit vorsieht, bin ich sicher, dass das gelingen kann. Wir sind uns sehr bewusst, dass wir auf Ihre engagierte, wertvolle und bewährte Arbeit nicht verzichten können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte mich am Ende meiner Rede ganz ausdrücklich bei unserem Justizminister und insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachabteilung für die vorbildliche Ausarbeitung des vorliegenden Gesetzentwurfes bedanken. Es ist letztendlich Ihr Verdienst, dass dieser Gesetzentwurf im Ausschuss einstimmig zur Annahme empfohlen wurde.
Dass wir es am Ende dieser Legislatur schaffen, den Justizvollzug und die Wiedereingliederung unter Beachtung der Opferinteressen auf ein breites politisches Fundament zu stellen, dass freut mich persönlich ganz besonders. War das doch rückblickend nicht zu erwarten.
Deshalb danke ich auch allen Kolleginnen und Kollegen von Jamaika, SPD und SSW für dieses starke Signal. Das Ziehen an einem gemeinsamen Strang wird den Vollzug auch zukünftig stärken und dann auch durch schwierige Zeiten tragen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel