Mobbing und Gewalt an Schulen | | Nr. 33/20
TOP 26: Präventionsmaßnahmen wirken
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
lieb Kolleginnen und Kollegen,
Gewalt und Mobbing in der Schule ist ein wichtiges Thema, dem wir uns auch intensiv widmen müssen und das auch schon heute tuen. Gewalterfahrungen können sich auf den Lebensweg unsere Kinder erheblich auswirken. Das dürfen wir nicht verharmlosen.
Der Bericht über Gewalt an Schulen und die ersten Erfahrungen mit der Datenbank Gewaltmonitoring an Schulen zeigt den Umfang der Herausforderung. Im Schuljahr 2018/19 gab es in der Datenbank 585 gültige Meldungen von insgesamt 149 von 795 Schulen aller Schularten, was im Durchschnitt rund 4 Einträgen je meldende Schule entspricht. Dabei fällt aber auf, dass die Verteilung der Meldungen auf die Schulen sehr unterschiedlich ausfällt: Vier Schulen haben jeweils über 20 Fälle gemeldet und 117 Schulen meldeten wiederum jeweils weniger als 5 Fälle. Mit diesen wenigen Zahlen wird ja schon deutlich, dass das Problem an verschiedenen Standorten unterschiedlich ausgeprägt ist und unterschiedliche Maßnahmen erfordert.
Eines möchte ich aber an dieser Stelle auch deutlich sagen, Ihr Antrag erweckt den Eindruck, dass das Thema Gewalt an Schulen ein steigendes Problem ist. Sie haben das auch in Ihrer Rede deutlich gemacht. Richtig ist, dass es neue Phänomene der Gewalt an Schulen gibt. Lehrer werden häufiger Opfer und die Digitalisierung führt zu neuen Formen von Gewalt, zum Beispiel Cybermobbing.
Beschäftigt man sich intensiver mit dieser Thematik lässt sich festhalten, dass es keinen Grund zu einer Panikmache gibt.
Im letzten Bericht der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention vom Deutschen Jugendinstitut steht, ich zitiere: „Im Jahr 2018 wurden insgesamt 663.158 Kinder, Jugendliche, Heranwachsende und Jungerwachsene seitens der Polizei einer Straftat verdächtigt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet die aktuelle Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik damit bei den absoluten Zahlen insgesamt einen Rückgang der Kriminalität im Kindes- und Jugendalter.“
2016 war ein ähnliches Thema bereits im Bildungsausschuss. Damals wurde festgehalten, dass es zwischen 2007 und 2016 einen Rückgang von 1.001 auf 631 Taten mit der Tatörtlichkeit Schule gegeben habe. Schon vor vier Jahren wurden für diesen Erfolg die Präventionsprogramme hervorgehoben.
Das Gewaltmonitoring haben wir zum ersten Mal zur Verfügung, entsprechend können wir über die Entwicklung von Gewalt gar nichts aussagen.
Man kann schon sagen, dass wir ein stärkeres Bewusstsein für dieses Problemfeld entwickelt haben. Wir wollen in der Schule eine gewaltfreie Konfliktkultur. Und dafür haben wir ein umfangreiches Instrumentarium zur Gewalt- und Mobbingprävention entwickelt. Dazu gehört auch eine transparente Statistik, die das Bildungsministerium mit dem Gewaltmonitoring auf den Weg gebracht hat. Denn Statistiken geben uns Informationen darüber, wo es konkreten Handlungsbedarf gibt. Daneben haben wir in der Schulaufsicht klare Ansprechpartner und Vorgehen bei Gewaltereignissen definiert. Hier sind vor allem das Schulgesetz sowie der Notfallwegweiser für die Schule bei Krisen- und Unglücksfällen zu nennen.
Besonders hervorzuheben ist mit Sicherheit in diesem Kontext auch das Zentrum für Prävention am IQSH mit ganz verschiedenen Angeboten: Fortbildung zum Moderator für einseitig verursachte Konflikte durch den „Tat-Ausgleich“ im schulischen Kontext, Aufbau von Interventionsketten, Erarbeitung präventiver Konzepte – auch unter Einbezug verschiedener Professionen –, kollegiale Fallberatung – hier geht es um ein strukturiertes Intervisions-Verfahren –, Präsenz im Klassenzimmer, Trainings im Bereich der Resilienz und Kommunikation, Supervision. Um einige Stichpunkte des umfangreichen Angebots zu nennen. Will sagen: wir haben eine solide Struktur, die sich um das Thema kümmert.
Nun wünscht sich die AfD eine große Anhörung zu diesem Thema. Erst einmal möchte ich darüber aufklären, dass parlamentarische Anhörungen in der Regel dazu dienen, dass wir Gesetzentwürfe bewerten. Ihr Antrag ist kein Gesetzentwurf und auch kein Antrag zu konkreten politischen Maßnahmen. Die Punkte, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, eignen sich eher für einen Bericht der Landesregierung. Den wir im Übrigen zu weiten Teilen schon haben. Aber ich versteh Ihr politisches Anliegen schon. Sie wollen möglichst viele Betroffene hier in den Landtag einladen, die an Hand von Einzelfällen ein möglichst düsteres Bild zum Thema Gewalt an Schulen zeichnen. Und das am Ende nicht, um Lösungen zu diskutieren, sondern um Stimmung zu machen. Das ist dann am Ende Populismus. Dafür lassen wir uns und dieses Haus nicht instrumentalisieren. Und genau deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Und eines sei zum Schluss auch gesagt. Bei allem Einsatz für eine gewaltfreie Konfliktkultur an Schulen. Kinder und Jugendliche haben auch das Recht auf Kindheit und Jugend. Und das darf auch heißen, dass man mal die eine oder andere Grenze austestet und überschreitet. Das man dann mit den möglichen Konsequenzen leben muss gehört auch zum Erwachsenwerden dazu.
Danke für die Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
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