Pyrotechnik | | Nr. 237/24
TOP 24: Pyrotechnik legalisieren? Ein guter Gag ist noch keine gute Politik
Es gilt das gesprochene Wort!
Zugegeben, liebe FDP: Ihren Antrag mit dem Titel des derzeit wohl populärsten Malle-Hits „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“ zu überschreiben, ist ein guter Gag. Wie Sie alle wissen, gibt es in der schleswig-holsteinischen CDU einige große Fans des gepflegten Mallorca-Schlagers. Denn auch wir sind keine Spaßbremsen!
Und doch muss ich Sie enttäuschen, so einfach kriegen Sie uns nicht. Denn das, was gerade in Stadien und am Ballermann mal mehr, mal weniger ironisch skandiert wird, tatsächlich umsetzen zu wollen, ist vielleicht ein guter Gag, aber mitnichten gute Politik.
Ihre Argumente für das Zündeln im Stadion sind die gleichen wie bei der Legalisierung des Kiffens: Gekifft wird ja eh, dann können wir es ja auch erlauben! Also wenn bengalische Feuer, Rauchtöpfe oder Feuerwerkskörper immer wieder illegal im Stadion abgebrannt werden, dann können wir das Ganze ja auch gleich legalisieren. Kann man so machen, verbessern wird das aber überhaupt nichts, sondern das Problem nur noch vergrößern!
Um es klar zu sagen: Illegales einfach für legal zu erklären – was ist denn das für eine Methode? Sobald man behauptet, etwas angeblich nicht konsequent verhindern zu können, wird es einfach erlaubt? Wenn wir diesen Weg weitergehen – wenn das Schule macht – dann gute Nacht! Also: respice finem! Beachte die Folgen, bedenke das Ende!
Nein, das Abbrennen von Feuerwerk im Stadion birgt unzählige Gefahren. Es behindert diejenigen, die das Spiel in Ruhe verfolgen wollen. Es stinkt, blendet und ist gesundheitsschädlich. Und die hohen Temperaturen in engen Menschenmengen können böse Verletzungen hervorrufen. Es scheint, als habe die FDP Lunte gerochen und als wolle sie sich bei einigen Fans anbiedern. Was sagen aber Sanitäter, Feuerwehr, Polizei oder Umweltverbände dazu?
Die Antwort: Sie blicken alle ausgesprochen skeptisch auf den Vorschlag. Das trifft übrigens auch auf den Landessportverband zu! Im Antrag heißt es, Pyrotechnik sei ein Ausdruck der emotionalen Hingabe der Fans an ihren Verein. Es geht also um Gefühle – wie schön! Pyrotechnik ist aber nicht nur Ausdruck der Emotionen, sondern vor allem auch des Protests. Gegen überteuerte Karten, gegen das Fußball-Establishment, gegen die „Bonzen“ da oben. Und dieser Protest wird nicht verschwinden, wenn Rauchfackeln etc. nach einem Regelwerk angesteckt werden dürfen. Es wird genauso weitergehen!
Also: Auch wenn es ein Pilotprojekt mit bestimmen Bereichen zum Abbrennen geben sollte, wird es auch weiterhin unkontrolliertes und unerlaubtes Zündeln durch Ultra-Gruppierungen geben – denn sie sind mit Abstand die größte Gruppe mit einem Hang zur Pyrotechnik. Sie wollen das gerade in ihren Stammfanblöcken machen und nicht unter Auflagen und Regeln in Extra-Zonen.
Nein, liebe FDP. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit der Anderen einschränkt. Unser gesellschaftliches Zusammenleben wird durch Regeln bestimmt. Und dazu gehört, dass man diese akzeptiert, sie respektiert und sie nicht traktiert oder gar flambiert. Ich hoffe, Sie werden mit diesem Antrag Schiffbruch erleiden. Apropos Schiffbruch. Wussten Sie, dass man im Seenotfall Pyrotechnik nur einsetzen darf, wenn man auch den passenden Fachkundeschein dazu hat? Da muss man doch schmunzeln, wenn man bedenkt, dass es im Stadion anders sein soll.
Und, ich hätte mir von Ihnen etwas mehr Eigeninitiative gewünscht: Der Antrag ist ja quasi eins zu eins von Ihren Kollegen aus der Bremischen Bürgerschaft abgeschrieben! Hier ein Tipp: Was sagte noch der Hahn aus den Bremer Stadtmusikanten? „Etwas Besseres als den Tod findest du überall!“ Ich sage: Bessere Ideen als Pyrotechnik in Stadien zu legalisieren, finden sie auch überall!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in keinen einfachen Zeiten. Es gibt so viele drängende Probleme. Da sollten wir uns doch um das Wesentliche kümmern, um die Fragen, die die Menschen wirklich umtreiben und nicht um irgendwelche abseitigen Partikularinteressen, die außerdem noch große Kollateralschäden verursachen werden. Eben warfen Sie noch mit Nebelkerzen – heute zündeln Sie offen mit dem Feuer. Ihren Antrag lehnen wir daher entschieden ab!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel