Psychotherapeuten | | Nr. 195/24
TOP 22: Die psychotherapeutische Ausbildung und Versorgung sicherstellen
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit 2019 gelten das neue Psychotherapeutengesetz und die entsprechende Approbationsordnung. Diese regeln, dass nach dem psychotherapeutischen Masterstudium und vor der praktischen Weiterbildung eine Staatsprüfung erfolgt. Die ersten Studentinnen und Studenten werden in diesem Jahr in Schleswig-Holstein diese Staatsprüfung ablegen und damit eine Approbation erhalten.
Im Anschluss folgt eine fünfjährige Fach-Weiterbildung. Sie ist die Voraussetzung dafür, sich nach § 95 c SGB V als Psychotherapeutin/Psychotherapeut niederlassen zu dürfen.
Am 4. Juni gab die Bundespsychotherapeutenkammer eine Pressemitteilung heraus, die vor der Gefährdung der psychotherapeutischen Versorgung durch Probleme bei der Weiterbildung warnt.
Viele Patientinnen und Patienten und deren Angehörige, die in den letzten Jahren versucht haben, zeitnah einen Termin oder einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz zu erhalten, sagen jetzt vermutlich: Ich habe doch schon ewig gewartet - geht es etwa noch schlimmer?
Die Antwort ist: Ja, das ist leider zu befürchten.
Und warum ist das so?
Nach dem alten Modell gab es die Approbation erst nach der Weiterbildung. Das bedeutet in der Folge, dass bislang, also nach dem alten Modell, Kliniken, Praxen und Institutionen ausgebildete Psychotherapeutinnen und -therapeuten für die Zeit der vorgeschriebenen Ausbildung zu sehr geringen Bezügen, quasi als Praktikanten, anstellen konnten, da diese bisher keine Approbation hatten.
Das wird in Zukunft so nicht mehr funktionieren. Es erscheint mehr als nur fair, dass für den Einsatz von approbierten Psychotherapeutinnen und -therapeuten in der Weiterbildung auch eine vernünftige Bezahlung erfolgen muss. Vergleichbar ist die Lage mit den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung im medizinischen Bereich.
Bislang gibt es für die seit 2019 geltende Rechtslage aber keine Ausgestaltung der finanziellen Anforderungen, die diese Regelung mit sich bringt. Also im Klartext: wie diese Personalkosten finanziert werden sollen.
Hier setzt unser Antrag an: Wir müssen auf Bundesebene für eine möglichst schnelle gesetzliche Anpassung werben, um die Ausfinanzierung der Weiterbildungsstrukturen im ambulanten, stationären und institutionellen Bereich sicherzustellen.
Gleichzeitig dürfen wir die angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung nicht aus dem Blick verlieren, die ihre Ausbildung noch nach altem Recht absolvieren. Diese mussten und müssen häufig sehr viel privates Geld in die Ausbildung stecken. Daher brauchen sie auch eine Sicherheit, dass sie diese Ausbildung rechtzeitig beenden können. Die Übergangsphase, in der die Ausbildung nach altem Recht möglich ist, wird vermutlich 2032 auslaufen.
Diese Übergangsphase, von heute immerhin noch 7,5 Jahre, hört sich zunächst sehr großzügig an, ist sie bei näherer Betrachtung aber nicht.
Nochmal: Wir brauchen jede Frau und jeden Mann in diesem Bereich, also müssen wir auch den bislang nicht approbierten Psychotherapeutinnen und -therapeuten Sicherheit geben. Wir müssen darauf achten, dass zum Beispiel Plätze zur Aus- und Weiterbildung nicht nur entweder „billige Kräfte“ nach altem Modell oder approbierte Kräfte erhalten. Beide brauchen hier gleichermaßen Zugang.
Wir alle sind uns einig, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für eine umfassende psychotherapeutische Versorgung unserer Bevölkerung dringend erforderlich sind.
Wir sind auch nicht die ersten, die das erkennen:
Im Oktober letzten Jahres hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Bundestagsantrag 20/8860 „Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen stärken“ in den Bundestag eingebracht und darin auch die gesetzliche Regelung zur Finanzierung der Weiterbildung gefordert.
Alle demokratischen Fraktionen haben in der Debatte anerkannt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Konkrete Folgerungen hieraus hat es bislang nicht gegeben.
Lassen Sie uns heute unseren Teil dazu beitragen, dass den Studierenden für die Zukunft Sicherheit gegeben wird, wie sie unter fairen Bedingungen ihr Berufsziel erreichen, damit wir auch zukünftig die psychotherapeutische Versorgung in Schleswig-Holstein sicherstellen können.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel