Klimaschutz | | Nr. 13/20
TOP 2 u.a.: Nachhaltiger Klimaschutz gelingt auch ohne Verfassungsänderung
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Klimaschutz steht auch im neuen Jahr ganz oben auf der politischen Agenda. Das macht die heutige Debatte mit Anträgen von fünf Fraktionen deutlich.
Über den SPD-Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung haben wir allerdings bereits vor einem dreiviertel Jahr diskutiert. Angesichts der Bedeutung, die unserer Verfassung zukommt, kann man das sicherlich auch noch ein zweites Mal tun. An den Argumenten ändert jedoch auch eine wiederholte Debatte nichts.
Ich will dazu einmal aus der Rede des Kollegen Stegner vom vergangenen März zitieren. Dort hieß es: „Es wäre reine Symbolpolitik, den Klimaschutz in die Verfassung zu schreiben und sonst nichts zu tun. Denn natürlich retten wir dadurch nicht das Klima.“
Anschließend hat der Herr Oppositionsführer zwar wortreich begründet, weshalb wir es dennoch machen sollten. Viel entscheidender ist aber, dass das Klima bereits in unserer Landesverfassung geschützt ist!
Auch darauf habe ich bereits im März letzten Jahres hingewiesen. Nach unserer Verfassung stehen die natürlichen Grundlagen des Lebens unter dem besonderen Schutz des Landes – und dazu gehört selbstverständlich auch unser Klima.
Dem Klimaschutz einen Vorrang gegenüber Gewässerschutz und Artenvielfalt einzuräumen, wie es die SPD mit dem Wort „insbesondere“ vorschlägt, ist dagegen schon allein aus Naturschutzsicht höchst problematisch. Das hat zwischenzeitlich auch der SSW erkannt, der deshalb mit seinem Änderungsantrag eine solche Werthierarchie explizit abgelehnt hat. Das sehen wir ganz genauso.
Den Begriff „Klima“ aber als bloße Worthülse neben die bereits genannten natürlichen Lebensgrundlagen zu stellen, ist nichts anderes als eine Dopplung, eine Tautologie. Das ist nur weiße Salbe. Nein, meine Damen und Herren, mit solch einer Wortakrobatik ist dem Klima wirklich nicht geholfen.
Das gilt genauso für den zweiten SPD-Antrag, mit dem schon jetzt die Klimaziele für das Jahr 2030 heraufgesetzt werden sollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle zusammen sollten lieber erst einmal hart daran arbeiten, die Ziele für das Jahr 2025 zu erreichen. Abstrakte Debatten über höhere Ziele im Jahr 2030 helfen dabei zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht weiter.
Bei der Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien sind wir mit zuletzt 13,9% Anteil weit von den gesetzlich vorgegebenen 22% entfernt. In den Jahren 2012 bis 2017 hat es hier so gut wie keine Fortschritte gegeben. 5 Jahre SPD-Regierungszeit waren hier ein Totalausfall.
Da braucht es schon ein gehöriges Maß an Chuzpe, sich jetzt hier hinzustellen und angesichts dieser desaströsen eigenen Bilanz eine Heraufsetzung der Ziele zu verlangen.
Auch bei der Stromerzeugung ist zwischen 2020 und 2025 ein deutlich verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich, um zunächst einmal das Ziel von 37 TWh im Jahr 2025 zu erreichen.
Immerhin konnten im letzten Jahr - trotz Moratorium - 70 Ausnahmegenehmigungen für neue Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein erteilt werden. Der drittbeste Wert bundesweit!
Und mit dem mittlerweile in der öffentlichen Auslegung befindlichen 3. Entwurf für die Regionalplanung Wind haben wir gute Chancen, im Laufe dieses Jahres das Moratorium zu beenden.
Wenn wir dann wieder über eine rechtskräftige Planungsgrundlage für den Windkraftausbau verfügen, wenn die Auswirkungen der aktuellen bundesgesetzlichen Regelungen feststehen und Klarheit über die Anhebung der Offshore-Ausbauziele besteht – erst dann können wir realistischer Weise neue Ziele für das Jahr 2030 festlegen.
Zum jetzigen Zeitpunkt stünde ein solcher Landtagsbeschluss bloß auf dem Papier, ohne dass dem Klima damit irgendwie geholfen wäre.
Konkreter als die SPD, aber auch nicht wirklich zielführend, ist der SSW mit seinem Antrag zum Klimaschutz im Straßenverkehr.
Der Vorschlag einer Kraftstoffverbrauchsgrenze übersieht dabei nämlich, dass Ende letzten Jahres auf europäischer Ebene bereits deutlich verschärfte CO2-Grenzwerte für Pkw beschlossen worden sind.
Bis zum Jahr 2030 sollen die CO2 Emissionen von Neuwagen um 37,5% ggü. 2021 sinken. Bereits ab diesem Jahr gilt ein Grenzwert von 95g CO2/km für alle neu zugelassenen Pkw.
Eine zusätzliche Kraftstoffverbrauchsgrenze ist deshalb nicht erforderlich, denn für das Klima ist ja nicht entscheidend, was vorne in den Tank reinkommt, sondern was hinten am Auspuff wieder rauskommt.
Genauso wenig zielführend wie eine Kraftstoffverbrauchsgrenze ist auch ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen.
Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass sich eine CO2 Einsparung von gerade einmal 2 bis 3 Millionen Tonnen erreichen ließe, allerdings nur wenn das Tempo noch weiter, nämlich auf 120 km/h reduziert würde.
Wenn überhaupt reden wir hier also von einer möglichen CO2 Einsparung, die lediglich 0,3% des bundesdeutschen CO2 Ausstoßes ausmachen würde.
Das zeigt, auch dieser Vorschlag ist eher von Aktionismus geprägt ist als von faktenbasierten Erkenntnissen.
Meine Damen und Herren, wenn wir zum Klimaschutz überwiegend solche Verbotsdebatten führen, dann wird das nicht für die erforderliche Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen.
Was wir brauchen ist eine kluge Klimapolitik, die sich durch konkrete und wirksame Maßnahmen auszeichnet anstatt durch Scheinlösungen. Zu einer klugen Klimapolitik gehört selbstverständlich auch, dass wir Klimaschutz mit den Menschen betreiben und nicht gegen sie.
Wie das gelingen kann, dafür ist der Jamaika-Antrag zum biologischen Klimaschutz geradezu ein Paradebeispiel.
Wir wollen unsere Natur, die Moore und Wälder in Schleswig-Holstein, noch stärker als bisher für den Klimaschutz nutzen.
Bis wir im Jahr 2050 in Europa CO2-neutral leben werden, sind Moore und Wälder perfekte Kohlenstoffsenken, die CO2 binden und damit dem Klimawandel entgegenwirken.
Hier können wir ganz konkret ansetzen, indem wir unser Moore schützen, ehemalige Moorflächen renaturieren, Wiesen vernässen, neue Wälder aufforsten und bestehende Wälder klimaangepasst umbauen.
Solche Maßnahmen sind wirksam, sie leisten einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz und sie sind zudem positiv belegt. Das hat der große Zuspruch gezeigt, den die Aktion Einheitsbuddeln erfahren hat.
Beim Waldgipfel der CDU-Landtagsfraktion im vergangenen Jahr hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass für umfangreiche Neuwaldbildung zwei Faktoren logischerweise entscheidend sind, nämlich die erforderlichen Flächen und die notwendige Finanzierung.
Während die Lage aktueller und ehemaliger Moore bekannt ist, stellt sich für Aufforstungs-maßnahmen zuallererst immer die Frage, woher die 15.000 Hektar kommen sollen, die für eine Erhöhung des Waldanteils von 11 auf 12% in unserem Bundesland erforderlich sind.
Das Beispiel der Stadt Lübeck beweist aber, dass es gelingen, kann allein auf städtischen Flächen mehrere hundert Hektar zu identifizieren, die für eine Neuwaldbildung in Betracht kommen.
Eine solche Flächenaufstellung wollen wir deshalb für ganz Schleswig-Holstein vorantreiben, damit fehlende Flächen nicht länger ein Hinderungsgrund für neue Wälder in Schleswig-Holstein sind.
Die Finanzierung wird bei Moorschutz und Neuwaldbildung gleichermaßen auf drei Säulen ruhen, nämlich Öffentlichen Geldern, privaten Spenden und Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten an Unternehmen, die damit den CO2-Ausstoß ihrer Produktion ausgleichen können. Letzteres nicht irgendwo auf der Welt, sondern durch Projekte hier bei uns in Schleswig-Holstein, die für alle sichtbar und erlebbar sind. Und genau das schafft dann auch die positive Identifikation mit diesen Klimaschutzmaßnahmen.
Was die Stiftung Naturschutz bereits heute mit dem Verkauf von Moorfutures möglich macht und damit auf 68 Hektar das Königsmoor im Kreis Rendsburg-Eckernförde renaturiert, das könnten zukünftig auch die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten mit dem Verkauf von Waldzertifikaten anbieten.
Daneben gibt es noch die Spendenplattform „Wir bewegen Schleswig-Holstein“ bei der Investitionsbank. Auch hier lässt sich ansetzen, indem für Moorschutz und Neuwaldbildung um private Geldgeber geworben wird und wir die Spendenplattform zur zentralen Anlaufstelle für Klimaschutzprojekte in Schleswig-Holstein ausbauen.
Meine Damen und Herren, Jamaika zeigt wie es geht. Lassen Sie uns gleich zu Beginn dieses Jahres damit einen weiteren echten Schritt für mehr Klimaschutz in Schleswig-Holstein machen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel