Arbeitszeitgesetz | | Nr. 125/23
TOP 17: Wir setzten uns für die Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen ein
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Koalitionsvertrag haben wir gemeinsam Folgendes beschlossen:
„Wir werden uns für eine Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen mit Experimentierklauseln und Experimentierräumen auf Basis von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen einsetzen.“
Laut §3 des ArbZG darf die tägliche Arbeitszeit von maximal acht Stunden nicht überschritten werden. Werktage umfassen Montag bis einschließlich Samstag. Somit darf ein Arbeitnehmer insgesamt 48 Stunden (6 Tage x 8 Stunden) pro Woche arbeiten.
Die 48-Stunden-Regel schließt alle Tätigkeiten eines Arbeitnehmers ein. So darf beispielsweise ein Mitarbeiter eine Nebentätigkeit ausüben, aber nicht die Höchstarbeitszeit mit dem Zweitjob überschreiten.
Die tägliche Arbeitszeit kann auf 10 Stunden ausgeweitet werden, aber nur, wenn die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von acht Stunden innerhalb von sechs Monaten nicht überschritten wird.
Wirklich flexibel ist man da als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer also nicht. - ODER?
Nun ist es aber so, dass es unzählige Fälle gibt, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in bestimmten Situationen – trotz bester Personalplanung – nicht mit der täglichen Höchstgrenze auskommen. Das als Absicht oder mangelnde Kompetenz darzustellen ist fahrlässig und zeigt, dass man die Realität ausblendet.
Nehmen wir mal eine Hochzeitsfeier: Die Hochzeitsgesellschaft trifft um 17 Uhr ein. Die Mitarbeiter haben bereits um 15 Uhr mit Ihrer Arbeit begonnen, um die Feier vorzubereiten. Das Veranstaltungsende war ursprünglich für 1 Uhr nachts vereinbart. Aber aufgrund der guten Stimmung möchten die Gäste spontan bis 4 Uhr morgens weiter feiern. Geht nicht! Sagt das Arbeitszeitgesetz. Der Gastronom steht also vor der Wahl: Die Hochzeitsfeier pünktlich zu beenden oder ein saftiges Bußgeld zu riskieren.
Ein anderes Beispiel: Eine in Teilzeit arbeitende Büroangestellte (25 Stunden pro Woche) verdient sich am Wochenende in einer Weinbar etwas dazu. Am liebsten würde sie jeden Freitag von 18 bis 24 Uhr aushelfen, um das Wochenende mit der Familie zu verbringen. Geht nicht! Sagt das Arbeitszeitgesetz. Da sie am Freitag bereits im Büro von 9 bis 14 Uhr gearbeitet hat, darf sie den sechsstündigen Abendservice nicht übernehmen.
Ich könnte noch weitere Beispiele aufführen, einen plötzlichen Auftragsschub oder Auftragseinbrüche, bei saisonalen Schwankungen oder bei Produktionsumstellung. Das geltende Arbeitszeitgesetz widerspricht in vielerlei Hinsicht unseren heutigen Vorstellungen und Gegebenheiten, durch mangelnde Flexibilität.
Bei der Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle geht es aber auch um mehr Selbstbestimmung der Beschäftigten, z. B. in Form von Gleitzeitregelungen oder Arbeitszeitkonten.
Und natürlich nicht zuletzt auch um die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen und Gastronomiebetriebe.
Daher bitten wir die Landesregierung, einen Dialogprozess sowohl mit Gewerkschaften als auch mit Arbeitgeberverbänden zu starten, der darauf abzielt, flexiblere Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Und wenn dabei eine Verknüpfung mit dem Abschluss eines Tarifvertrages verbunden werden könnte, wäre gleich ein weiteres Problem gelöst, nämlich die Tarifbindung zu erhöhen.
Man könnte hier auch von einer Win-Win-Situation sprechen!
Sofern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge binden, können diese mit zusätzlichen Freiheiten in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeit experimentieren.
Die von der Bundesregierung angekündigte Reform des Arbeitszeitgesetzes bietet darüber hinaus die Gelegenheit, Flexibilität und familienfreundliche Arbeitszeiten stärker zu berücksichtigen sowie Anreize für gerechte Teilhabechancen von Eltern am Erwerbsleben zu schaffen.
Die klare Voraussetzung für jede weitere Flexibilisierung ist, dass grundlegende Aspekte des Arbeitsschutzes sowie vorhandene arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Bei jeglicher Flexibilisierung von Arbeitszeiten sollen Einschränkungen sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite vermieden und die Einhaltung der Arbeitszeiten sichergestellt werden.
Deshalb beantrage ich die Überweisung der Anträge in den Wirtschaftsausschuss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel