Bildung | | Nr. 041/19
(TOP 15) Deutliches Zeichen für unsere Demokratie setzen
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kollegen,
wenn es noch eines Beweises hier im schleswig-holsteinischen Landtag bedurft hätte, welch Geisteskind die AfD-Fraktion ist, sie haben ihn mit dieser Initiative geliefert.
Was ist passiert? Es gab einen Drohbrief, der sich gegen eine Filmvorführung im Rahmen einer Schulveranstaltung richtete. Aus der Presse ist zu entnehmen, dass sich die „Enkel von Adolf Hitler“ per Mail an die Schule gewendet haben und gedroht haben, im Kino „C4 Sprengkapseln“ zu verstecken und – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten - „euch linke Lehrer (Volksverhetzer) mit 7.63 mm Vollmantelgeschossen aus Sturmgewehren“ zu „erlösen“: „Wir wünschen ein schönes langsames Sterben. Wir reden nicht mehr, wir handeln“. Zitat Ende.
Jetzt würde ja jede normale Fraktion in diesem Parlament sich selbstverständlich gegen Gewalt und Drohung dieser Art aussprechen und distanzieren. Aber nein, für die AfD-Fraktion ist allein Stein des Anstoßes das Zeigen dieses Films. Kein Wort der Kritik in dem Antrag zu diesem Drohbrief und der Absage der Filmvorführung.
Mit Ihrem Antrag und Ihrer Rede haben Sie noch einmal deutlich gemacht, dass die AfD sich gegen Meinungsfreiheit, gegen Pluralismus, gegen die Freiheit der Kultur und damit gegen eine demokratische Gesellschaft stemmt. Das werden wir klar benennen und uns dagegen wehren.
Auch ich sehe den Film kritisch, aber eines steht doch fest: Kritik an dem Film rechtfertigt keine Ankündigung von Gewalt gegen Lehrer, Schüler, Kinder und Jugendliche.
Und als Randnotiz: Wahrscheinlich gibt es diese Drohung nur, weil ein mittlerweile ehemaliges Fraktionsmitglied und fast AfD-Bundesvorsitzende von Ihnen sich dazu öffentlich geäußert hat und - oh Wunder – dadurch Rechtsradikale darauf aufmerksam geworden sind. Die Geister, die ich rief.
Ich bin unserer Bildungsministerin sehr dankbar, dass Sie selbst diesen Vorgang zum Anlass genommen hat, an der Wiederholung der Filmvorführung teilzunehmen und im Anschluss eine kontroverse Diskussion mit den Schülern über den Film zu führen. Im Übrigen ist diese differenzierte Befassung mit dem Film von Anfang an Teil des Konzeptes der SchulKinoWoche gewesen. Denn kein Film dieser Reihe steht alleine, sondern wird in den Unterricht vor und nach der Filmvorführen eingebettet und diskutiert. Und genau das ist doch, was den Beutelsbacher Konsens leitet.
Es geht nicht darum, Schüler vor politischen Positionen zu beschützen und den Unterricht zu entpolitisieren. Es geht darum, Schüler in die Lage zu versetzen, eine eigene Meinung zu bilden. Und was eignet sich besser dazu, als ein kontroverser Film, der zur Diskussion einlädt und sich dann auch noch mit Themen beschäftigt, die gerade junge Menschen bewegen. Genau das spiegelt doch die Leitlinien Überwältigungsverbot, Kontroversität und Schülerorientierung des Beutelsbacher Konsens.
Und genau das leitet auch viele weitere Aktivitäten, die wir im Rahmen des Jahres der politischen Bildung durchführen werden. 30 Jahre Mauerfall und 70 Jahre Grundgesetz sind Grund genug die politische Bildung in den Fokus zu nehmen. Die Ministerin wird ja sicher gleich einen Überblick über die vielen Aktivitäten geben. Mir sind dabei drei Punkte sehr wichtig.
Zum Ersten sind wir auch selber als Abgeordnete gefragt. Im Rahmen des Projektes „Dialog P“ sind wir Landtagsabgeordnete aufgefordert, Politik in die Schulen zu bringen. Wir sollen mit Schülern ins Gespräch kommen und für Politik begeistern. Ich kenne solche Formate bereits aus dem Landtagswahlkampf mit Unterstützung des VPJs. Ich finde gut, dass wir uns Präsenz in den Schulen auch außerhalb des Wahlkampfes vornehmen. Denn kontinuierliches Werben für unsere Arbeit schafft politisches Verständnis bei den Schülern und wer weiß, vielleicht wird über diesen Weg ja auch der eine oder andere Schüler politisch aktiv.
Zum Zweiten: Politische Bildung muss auch weiter fundiert erforscht werden, deshalb ist es richtig, dass Schleswig-Holstein sich an der international vergleichenden „Civic Education Study“ zur Beurteilung und zur Auswertung der politischen Bildung von Jugendlichen in unserem Bundesland beteiligt. Wir müssen besser wissen, wie wir politische Bildung verbessern können. Dafür brauchen wir eine wissenschaftlich fundierte Basis.
Zum Dritten: Ein Aktionsjahr alleine kann Impulse geben, es muss uns aber auch darum gehen, die Aktivitäten zu verstetigen. Deshalb müssen wir uns über das Jahr auch Gedanken darüber machen, wie wir die Maßnahmen verstetigen. Deshalb würde ich mir wünschen, dass wir uns heute nicht das letzte Mal über dieses Thema unterhalten.
Zum Schluss: politische Bildung ist sehr wichtig. Neue Medien verändern den politischen Diskurs, Populismus macht sich stärker breit und Politik ist in den vergangenen Jahren komplexer geworden. Deshalb muss sich auch politische Bildung verändern und verbessern. Gemeinsam müssen wir an diesem Thema weiterarbeiten.
Ich bitte um Abstimmung in der Sache, um ein deutliches Zeichen für unsere Demokratie zu setzen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel