Tarifvertrag | | Nr. 257/23
TOP 14 + 39: Für faire und gute Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte
Es gilt das gesprochne Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,
Hochschulen sind Bildungsstätten der Begegnung. Sie stellen einen Ort für tüchtige, wissbegierige Menschen dar, die ihre Wahl für ein Studium getroffen haben. Im aktuellen Studienjahr sind an den 423 Hochschulen in Deutschland derzeit 2.924.276 Studentinnen und Studenten eingeschrieben.
Diese Zahlen können wir exakt benennen.
Anspruchsvoller wird es jedoch schon, will man herausfinden, wie viele studentische „Hilfskräfte“ es derzeit gibt. Eben jene, oftmals junge Menschen, die sich derzeit in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer Bildungseinrichtung befinden.
Der geläufige Begriff studentische „Hilfskraft“ kann dabei voreilig den Eindruck einer gering qualifizierten Ausübung vermitteln und wird dem tatsächlichen Arbeitsumfang und -pensum wahrlich nicht gerecht. Studentische Beschäftigte bereiten schließlich Seminare vor, organisieren Exkursionen, unterstützen Gruppenarbeiten als Tutoren, , korrigieren Klausuren, übernehmen Projektarbeiten, betreuen Datenbanken. Sie archivieren, recherchieren und programmieren.
Wir haben es somit mit einem wechselseitigen Nutzenverhältnis im Wissenschaftsbereich zu tun. Die Einrichtungen profitieren somit von der geleisteten Arbeit.
Gleichzeitig erhalten Studenten über ihren eigentlichen Studiengang hinaus weitreichendere Einblicke in die Forschung und Arbeitsweise von Hochschulen. Dennoch findet gegenwärtig diese Arbeit im Großen und Ganzen in einem nicht tariflich abgesicherten Bereich statt.
In der vom Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen durchgeführten Studie „Jung, akademisch, prekär?“ wird Licht auf die miserablen Arbeitsbedingungen dieser Beschäftigungstätigkeit geworfen. Studentische Beschäftigte arbeiten oft wochenlang ohne Bezahlung. In vielen Fällen werden Krankheits- und Urlaubstage nachgearbeitet oder gar nicht erst in Anspruch genommen. Kettenverträge sind die Norm.
Versinnbildlicht wird das gegenwärtige Missverhältnis durch die Einordnungspraxis einiger Leitungen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen, studentische Hilfskräfte doch tatsächlich als “Sachmittel” zu klassifizieren.
Das ist auch der Grund dafür, warum eine einheitliche Erhebung sämtlicher studentischer Beschäftigter nicht möglich ist in Deutschland. Diese Studenten sind doch aber keine Sachmittel, sondern sind ein unverzichtbarer Bestanteil im Wissenschaftsbetrieb. Ohne ihren Einsatz wäre ein regulärer Lehr- und Forschungsbetrieb gar nicht durchführbar. Es mag daher niemanden verwundern, dass sich die Studierenden in Kampagnen wie TVStud, Streiks oder Demonstrationen ihrem Unmut mittlerweile spürbar Gehör verschaffen wollen.
Zusammen mit den Grünen haben wir als CDU-Fraktion bereits früh die Anliegen wahrgenommen und im Koalitionsvertrag deutlich aufgeführt, dass wir uns zu fairen und guten Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte bekennen. Unser Anliegen bleibt es, dass sich durch Einführung eines eigenen Tarifvertrages eine Verbesserung der Situation für Studenten bundesweit herbeigeführt wird. Federführend für die Einführung ist die Tarifgemeinschaft der Länder, in der unsere Finanzministerin als zweite Stellvertreterin im Vorstand mitwirkt.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen, Frau Heinhold , für Ihre aufgeschlossene, zugängliche und lösungsorienterte Verhandlungsführung in dieser Angelegenheit bedanken. Uns ist wichtig, dass sich die Verhältnisse verbessern und sich gleichzeitig die Möglichkeiten nicht verringern.
Ein wie vom SSW und der SPD in ihrem Antrag angedachtes alleingies Vorspreschen als Land torpediert eben diesen Einigungsprozess und führt im schlimmsten Fall sogar zum genauen Gegenteil, nämlich zu einer Verringerung, Verzögerung und damit zu einer Verschlechterung der Beschäftigunsplätze.
Die TU in Berlin sollte hier ein eindringliches Beispiel sein. Dort sind nach dem Alleingang hunderte Stellen gestrichten wurden.
Die Zusprache eines eigenen Tarifvertrages kann daher folgerichtig nur gemeinschaftlich gefunden und erzielt werden. Wir wollen das studentische Beschäftige die Sicherheit erhalten, die sie verdient haben und unsere Hochschulen als Bildungsstätten der Begegnung stärken. Ein Mehrwert zum alltäglichen Studienverlauf wird geschaffen und ein Mehrwert für den Wissenschaftsstandort entsteht. Die Affinität für Lehre, Wissenschaft und Forschung kann bei diesen Individuen durch eine studentische Beschäftigung zusätzlich geweckt, gestärkt oder gefestigt werden.
Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem heute eingebrachten Antrag ein klares Signal setzen und dem Wirken unserer Ministern Rückenwind für die Verhandlungen der Tarifgemeinschaft der Länder im Herbst dieses Jahres geben.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel