Justizvollzug | | Nr. 227/23
TOP 13: Stärkere Einbindung der Gerichtshilfe und freier Träger bei Ersatzfreiheitsstrafen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
in den vergangenen Jahren haben um die 10% der Inhaftierten in den deutschen Justizvollzugsanstalten Ersatzfreiheitsstrafen verbüßt. Sie saßen also in Haft, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen konnten oder wollten.
Die jeweiligen Gründe für die Nichtzahlung der Geldstrafen sind vielfältig. Es handelt sich bei den Inhaftierten aber überwiegend um sozial benachteiligte Menschen. Es handelt sich oftmals um wohnungslose, drogenabhängige oder auch psychisch kranke Menschen.
Zwar weisen Gerichte und Staatsanwaltschaften im Rahmen der Vollstreckung von Geldstrafen auf die Konsequenzen der Nicht-Zahlung, die Möglichkeit der Ableistung in gemeinnütziger Arbeit und die Anpassung der Ratenzahlung hin. Diese Hinweise erreichen die Verurteilten aber oft gar nicht, da ein nicht geringer Teil Post gar nicht erst öffnet oder aber mit den Ausführungen schlicht überfordert ist.
Bei der Beratung der Verurteilten und bei der Vermittlung in geeignete Einsatzstellen für das Ableisten der freien Arbeit nehmen die von der Landesregierung beauftragten Freien Träger und die Gerichtshilfe Schlüsselrollen ein.
Umso wichtiger ist daher auch, dass wir im letzten Haushalt 125.000 Euro mehr für die Stärkung der Freien Träger bereitgestellt haben.
In Schleswig-Holstein gibt es bislang leider noch keine Regelungen für eine verpflichtende Einbindung der Gerichtshilfe oder geeigneter Freier Träger durch die Strafvollstreckungsbehörde vor der Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe.
Wir wollen, dass sich das ändert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die verpflichtende Einschaltung der Gerichtshilfe oder geeigneter freier Träger wäre ein wichtiger Schritt, um mehr Verurteilten die Ableistung der gemeinnützigen Arbeit oder Anpassung der Ratenzahlung zu ermöglichen. Die Gerichtshilfe und Freie Träger können auch bei speziellen Persönlichkeitsproblematiken helfen und noch anders als Gerichte und die Staatsanwaltschaften auf die Verurteilten einwirken. Sie leisten eine wertvolle Arbeit für die Verurteilten, denen eine Ersatzfreiheitsstrafe droht.
Und am Ende hilft die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen nicht nur den Menschen, denen eine Ersatzfreiheitsstrafe droht, sondern entlastet auch den Justizvollzug im Land organisatorisch und finanziell.
Hier stoßen wir aber an unsere gesetzgeberischen Kompetenzen, weil eine entsprechende Änderung der Strafprozessordnung vorausgehen muss. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich weiterhin für eine entsprechende Änderung auf Bundesebene einzusetzen.
Die Aufgabe kann aber auch nur dann wahrgenommen werden, wenn die erforderlichen Daten an die Gerichtshilfe und freie Träger weitergegeben werden können. Auch dafür fehlt es bisher noch an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
Der Bundesjustizminister arbeitet zwar gerade an einer Reform der Ersatzfreiheitsstrafen. In meinen Augen setzt er mit den bisherigen Vorschlägen allerdings an den falschen Stellschrauben an. Denn eine veränderte Umrechnung der Tagessätze in vollstreckbare Tage Ersatzfreiheitsstrafe geht an den tatsächlichen Problemen und Herausforderungen, die ich eben geschildert habe, vorbei. Deswegen fordern wir den Bund mit unserem Antrag auf, mit der Einbindung der Gerichtshilfe und der Gewährleistung der Datenweitergabe an den tatsächlichen Problemen bei der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen anzugehen.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, vielen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel