Rechtsextremismus | | Nr. 315/19
Rechtsextremen Bedrohungen mit allen Mitteln entgegentreten
Anrede
Wir beraten jetzt zwei Anträge, nämlich den Antrag der SPD und den viel besseren Alternativantrag von Jamaika, wobei ich aber betonen möchte, dass die Anträge das gleiche Ziel haben: nämlich rechtsextremen Bedrohungen mit allen Mitteln entgegenzutreten!
Nicht nur die unfassbaren Taten, die in dem NSU Prozess Gegenstand der Aufklärung waren, nicht nur der Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke, sondern vor allem auch der tägliche Blick in die Medien zeigen eine Verrohung von Sitten und Sprache, die wir vermutlich vor ein paar Jahren so nicht für möglich gehalten hätten. Oder wir hätten - und vermutlich haben wir - diese Dinge nicht ernst genug genommen, weil uns einfach die Vorstellung fehlte, dass Menschen, die in unserer Gesellschaft, in Freiheit und Wohlstand groß geworden sind, sich soweit von unseren Wert- und Moralvorstellungen entfernen können.
Und deshalb müssen wir diesen Entwicklungen große Aufmerksamkeit entgegenbringen. Hass, Hetze und Bedrohungen sind die Vorboten von Gewalt, Totschlag und sogar Mord.
Wir wollen dafür sorgen, dass unsere Behörden sachlich und personell gut aufgestellt sind, damit sie im Zusammenspiel mit dem Bund und den anderen Ländern diese Aufgaben bewältigen können. Voraussetzung hierfür ist aber auch, dass die Lage erkennbar und einschätzbar ist. Es ist wichtig, dass der einzelne Betroffene die Behörden unterrichtet, Straftaten anzeigt, Strafanträge stellt und die Geschehnisse weder verdrängt, noch ignoriert. Abgesehen davon, dass natürlich jede Polizeidienststelle zuständig dafür ist, solche Aussagen aufzunehmen, muss den Betroffenen die Kontaktaufnahme möglichst leicht und einfach gemacht werden, jede mögliche Hemmschwelle muss beseitigt werden. Jeder muss wissen, dass er oder sie Informationen, Beratung und auch Schutz erhält.
Wir begrüßen daher die Ankündigung unseres Innenministers, den Verfassungsschutz insoweit neu zu organisieren und personell zu stärken.
Kolleginnen und Kollegen,
aus meiner Sicht muss es klar sein, dass die Lagebeurteilung, die Einschätzung der Gefährdung, von den Behörden vorgenommen wird und sie über die zu treffenden Maßnahmen entscheidet. Es kann nicht sein, dass die Betroffenen automatisch von der Polizei unterrichtet werden müssen, wenn ihr Name sich auf irgendeiner obskuren Liste befindet. Sonst würde die Polizei unfreiwilliger Handlanger der Extremisten, frei nach dem Motto, der Rechtsextreme schreibt, die Polizei stellt zu. Ich will überhaupt nichts verniedlichen oder verharmlosen, das habe ich schon zu Beginn gesagt. Aber wir dürfen auch niemanden Hilfestellung leisten, Angst und Schrecken zu verbreiten.
Um die Sorgen und Nöte der Betroffenen aufzufangen, sind wir bereits durch die Unterstützung des Zentrums für Betroffene rechter Angriffe, Zebra e.V., den Weg gegangen, auch zivilgesellschaftliche Hilfe, außerhalb der Sicherheitsbehörden, zu fördern. Auch hierüber müssen die Betroffenen informiert werden.
Meine Damen und Herren,
auch wenn wir bereits eine Menge auf den Weg gebracht haben, rechtsextreme Bedrohungen zu bekämpfen, lohnt es sich, die Anträge zur weiteren Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss zu verweisen.
Es darf weder real noch virtuell rechtsfreie Räume geben. Verhaltensweisen, die wir auf der Straße, im öffentlichen oder privaten Raum nicht dulden, dürfen auch im Internet nicht sanktionslos bleiben. Hass, Hetze und Bedrohungen sind Straftaten und müssen verfolgt werden. Dazu bedarf es der Mithilfe der Betroffenen, sachlich und personell gut ausgestatteter Behörden und eines klaren politischen Willens, sich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung durch nichts und niemanden kaputt machen zulassen. Daran sollten wir gemeinsam über Fraktionsgrenzen hinweg arbeiten.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel