Kinder- und Jugendgewalt | | Nr. 90/24
Prävention und Intervention wirken, doch der Handlungsbedarf bei Kinder- und Jugendgewalt bleibt enorm
Zum heutigen Fachgespräch des Bildung-, Sozial- und des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags zum Thema „Kinder- und Jugendgewalt“ erklären der bildungspolitische Sprecher Martin Balasus und die jugendpolitische Sprecherin Cornelia Schmachtenberg:
„Fest steht, dass die Fallzahlen im Bereich „Kinder- und Jugendgewalt“ insbesondere nach Corona gestiegen sind. Insgesamt befinden sich die Fallzahlen aber unter denen aus 2006/07. Dass damals die Zahlen so konsequent gesenkt werden konnten, beweist, dass man Jugendgewalt durch Prävention und Intervention Einhalt gebieten kann. Die gute Nachricht ist also: Prävention- und Interventionsmaßnahmen können zu echten Erfolgen führen. Und genau hier wollen wir anknüpfen!
In dem heutigen Fachgespräch wurde uns der Handlungsbedarf eindrucksvoll verdeutlicht. So gab es laut dem Verband der Schulpsychologen früher in manchen Familien prekäre Verhältnisse – heutzutage würden dies desolate sein.
Auf viele unserer Fragen, die maßgeblich mit den Gewaltvorfällen in Heide aus dem letzten Jahr verbunden waren, haben wir Antworten erhalten, so z.B. dass Gewaltakte hauptsächlich von Jungen ausgehen und gewalttätige Mädchen wie in Heide deshalb so präsent in der öffentlichen Wahrnehmung seien, da man dies von ihnen eher nicht erwarten würde.
Als zentrale Erkenntnisse nehmen wir mit, dass der intensiven Kooperation zwischen Schule, Kinder- und Jugendhilfe sowie der Polizei eine wesentliche Bedeutung bei der Verhinderung von Kinder- und Jugendgewalt zukommt.
Außerdem stellen die Sozialen Meiden durchaus eine große Gefahr dar: Cybermobbing nimmt zu, in absoluter Häufigkeit sowie in Intensität. Pornografie, Challenges, antisemitische und gewaltverherrlichende Inhalte sind beispielsweise auf TikTok präsente Inhalte“, erklärt der bildungspolitische Sprecher Martin Balasus.
Jugendliche werden nicht von heute auf morgen gewalttätig. Letztendlich sind es die Folgen einer frühen emotionalen Belastung. In den vergangenen zehn Jahren ist die Anzahl an Kindeswohlgefährdung in Schleswig-Holstein um 66 Prozent gestiegen. Werden Kinder frühzeitig vernachlässigt, hat dies massive Folgen auf das spätere soziale Verhalten. Faktoren wie emotionale Vernachlässigung oder Bindungsstörungen sowie eigene Gewalterfahrung oder das Miterleben von häuslicher Gewalt führen sehr regelmäßig zu späterer Empathielosigkeit und größerer Gewaltbereitschaft.
Daher ist es wichtig, bereits frühzeitig einzugreifen und auch präventiv zu wirken. Das sollte bereits mit niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten in den ersten Lebensjahren für Familien stattfinden. Darüber hinaus gilt es, Fachkräfte in Kitas und Tagespflegepersonen noch besser zu sensibilisieren, damit auf frühzeitige Anzeichen bestmöglich reagiert werden kann.
Aus unserer Sicht muss neben schulischen Ansätzen auch der soziale Kontext gesehen werden und Kinder frühzeitig besser geschützt und ihre Selbstwirksamkeit gestärkt werden“, erklärt die kinder- und jugendpolitische Sprecherin Cornelia Schmachtenberg.
„Wir danken allen Expertinnen und Experten für die umfassende Diskussion und den interessanten Austausch. Wir werden in den kommenden Wochen die Ergebnisse des Fachgesprächs weiter auswerten und diskutieren, damit wir an den richtigen Stellschrauben in unserem Land drehen werden und wir den Trend der steigenden Jugendgewalt stoppen“, erklären Martin Balasus und Cornelia Schmachtenberg abschließend.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel