Opferschutz | | Nr. 091/17
Prävention, Strafverfolgung und Wiedereingliederung sind der beste Opferschutz
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Gegenstand dieser Debatte ist der Vierte Opferschutzbericht der Landesregierung und ich möchte mich zunächst bei ihnen Frau Ministerin Spoorendonk aber vor allem auch bei den fachzuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller drei beteiligten Ministerien (BIM, SGWG, Bildungsministerium) sowie allen anderen Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen, Einrichtungen, Verbänden und Vereinen bedanken, die an der Erstellung dieses Berichts beteiligt waren.
Allein schon diese breite, ressortübergreifende Beteiligung macht deutlich, wie wichtig die effektive, möglichst lückenlose Vernetzung, die enge Zusammenarbeit und die Suche nach gemeinsamen Lösungen ist, um dem Leid, das Opfer von Straftaten erlitten haben gerecht zu werden, ja, sie vor unnötigem weiteren Leid zu schützen.
Ich freue mich, dass wir den Opferschutz heute einmal ganz in den Mittelpunkt der Landespolitischen Diskussion stellen.
Insgesamt zeigt der Bericht, dass Schleswig-Holstein viel Positives für den Opferschutz getan hat. Der Bericht macht aber auch deutlich, dass Opferschutz auch in Zukunft ein Schwerpunkt sein muss, bei dem wir nicht nachlassen dürfen, unsere Verantwortung mit aller Ernsthaftigkeit wahrzunehmen.
Lassen sie mich Ihnen dies ganz konkret an drei Beispielen deutlich machen, bei denen ich mir in den hinter uns liegenden 5 Jahren mehr Ergebnisse gewünscht hätte und wo ich dringenden Handlungsbedarf sehe.
Auf die auch in ihrem Bericht bestätigten hohen Fallzahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl, ebenso wie der deutliche Anstieg von Delikten der Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Polizeikräften will ich in Anbetracht der kurzen Redezeit an dieser Stelle nur nachdrücklich hinweisen.
Und da Sie Frau Ministerin selber auf die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung hinweisen, nehme ich das auch als Messlatte! Beginnen möchte ich mit dem Thema Jugend-TOA, den Sie Landesweit ausbauen und stärken wollten.
Ich will gar nicht verhehlen, dass Sie mit der Mittelaufstockung und die Einsetzung von 2 zusätzlichen Gerichtshelferstellen im Mitte 2013 einen wichtigen Schritt getan haben, um in der Not zu helfen und die Fortführung bestehender Projekte erst einmal sicher zu stellen.
Aber danach ist nichts mehr passiert!
Und das, obwohl bereits auf der Fachtagung für Soziale Strafrechtspflege,im August 2013 deutlich wurde, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Und im Grußwort der Fachzeitschrift zu der eben erwähnten Fachtagung bestätigen sie den weiteren Handlungsbedarf und formulieren:
„Bei dieser weitreichenden Problematik sind zahlreiche Akteure der Landesregierung, des Städtetages sowie des Landkreistages in Schleswig-Holstein aufgerufen, einen zielführenden und konsensorientierten Dialog zu führen.“
Ich habe diesen Aufruf nicht vernommen. Stattdessen ist Fakt:
· Nach wie vor fehlt es an der dringend erforderlichen Klarheit für die Finanzierungsverantwortung bei ambulanten Maßnahmen.
· Nach wie vor ist nicht geklärt, was geschieht, wenn das Jugendamt den TOA in einem Hilfeplan abweichend vom Jugendgericht nicht als gebotene Maßnahme der Hilfe zur Erziehung einordnet.
· Nach wie vor können Jugendrichter dieses sinnvolle Instrument faktisch nicht ausurteilen.
Einen weiteren besonderen Schwerpunkt sollte die Weiterentwicklung eines landesweiten Übergangsmanagements haben! Im Grußwort zu der erwähnten Fachtagung im August 2013 haben Sie, Frau Ministerin weiter formuliert:
„Das Übergangsmanagement wird eines der zentralen Themen meines Hauses in dieser Legislaturperiode sein!“
Der damalige Referatsleiter Herr Berger hat auf dieser Fachtagung dazu gesprochen und sogar 4 Teilziele definiert:
Angefangen von der Erstellung eines landesweiten Rahmenkonzeptes, über die Bereitstellung notwendiger sozialer Hilfen im sozialen Empfangsraum für alle Haftentlassen, bis hin zu der Bildung und dem Ausbau überregionaler nachhaltiger Netzwerke für einen nahtlosen Übergang in vollzugsexterne Maßnahmen. Auch in diesem Bereich hat es zu meinem großen Bedauern seit 2013 keine erkennbare Entwicklung gegeben.
Hilfsweise wurde im neuen Landesstrafvollzugsgesetz ganz einfach auf die Betreuung nach Haftentlassung mit zur Aufgabe des Strafvollzugs erklärt. Und last but noch least, möchte ich noch auf einen weiteren Kritikpunkt anmerken:
Und gerne nehme ich hier zur Unterstützung ein Zitat des Weißen Rings aus dem Jahresbericht 2015/2016 zur Hilfe:
„Der gemeinnützige Verein forderte in diesem mehr Anstrengungen, um die innere Sicherheit in Deutschland zu steigern und brachte ein Forderungspaket in die Debatte ein. Gerichtsverfahren sollten beispielsweise nicht unnötig in die Länge gezogen werden und bei Polizei und Justiz sollte für ausreichend Personal gesorgt sein, um Straftaten effektiver als bisher zu verfolgen.“
Die unzureichende Personalausstattung und die außergewöhnlich hohe Belastungssituation bei Polizei, Justiz und Justizvollzugsanstalten brauche ich hier hoffentlich nicht näher ausführen. Insbesondere die eigene Erhebung des Richterverbands hat die prekäre Lage einmal mehr deutlich gemacht.
Die besten Gesetze, der beste Strafvollzug ist das Papier nicht wert, wenn die Menschen in unserem Lande nicht darauf vertrauen können, dass wir für eine effektive Umsetzung sorgen. Und eines ist auch klar: Prävention, Strafverfolgung und Wiedereingliederung sind der beste Opferschutz.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel