| Nr. 101/11
Die Rechte der Pflegebedürftigen werden gestärkt
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz ist am 1. August 2009 in Kraft getreten.
Wir begrüßen, dass den Menschen mit Pflegebedarf oder Behinderung sowie deren Angehörigen und bürgerschaftlich Engagierten die Möglichkeit zur Mitwirkung und Mitsprache durch dieses Gesetz eröffnet wird.
Das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz regelt detailliert den partnerschaftlichen Umgang zwischen Betreibern stationärer Einrichtungen und deren Bewohnern. Die Sicherung und Stärkung der Mitwirkung für die Bewohnerinnen und Bewohner werden über einen Beirat gewährleistet, der bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Rechte fach- und sachkundige Personen seines Vertrauens hinzuziehen kann.
Die Aufsicht über stationäre Einrichtungen nach dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz liegt bei den Kreisen und kreisfreien Städten, so dass bei Beschwerden unverzüglich und regionalbezogen Abhilfe geschaffen werden kann.
Dieses Gesetz stärkt einerseits das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, auf gleichberechtigte Teilhabe und schützt die Würde und Privatheit der Menschen in stationären Einrichtungen, die sich selbst nicht entsprechend ihren Bedürfnissen äußern können. Es legt damit andererseits den Trägern der Einrichtungen eine große Verantwortung auf und schließt eine reine Unterbringung und Verwahrung schutzbedürftiger Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können, aus.
Es fördert den respektvollen Umgang mit Schutzbefohlenden auf Augenhöhe und verpflichtet Träger von stationären Einrichtungen und Anbietern von Leistungen der Pflege und Betreuung alles daran zu setzen, den Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Der oft gehörte Kommentar „satt und sauber“ müsste nach diesem Gesetz eigentlich der Vergangenheit angehören, gäbe es da nicht noch einige Hürden, die vor allem Träger bzw. Betreiber der entsprechenden Einrichtungen zu überwinden haben.
Bei allem guten Willen müssen die Anforderungen und hohen Ziele des Selbstbestimmungsstärkungsgesetzes auch leistbar sein sowohl personell als auch finanziell.
In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auf § 26 Absatz 1 und 2 hinweisen, die durch Verordnung zu präzisieren sind.
In § 26 „Verordnungsermächtigung“ heißt es: „Das zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Verordnung näheres zur Durchführung dieses Gesetzes bei stationären Einrichtungen zu regeln für
1. die persönlichen und fachlichen Anforderungen der Leitung und der Beschäftigten der Einrichtung,
2. die baulichen Anforderungen für die Räume, insbesondere die Wohn-, Gemeinschafts-, Therapie- und Wirtschaftsräume, sowie die Verkehrsflächen, sanitären Anlagen und technischen Einrichtungen.“
Beide Punkte – ein möglicherweise höherer Personalbedarf sowie bauliche Maßnahmen und eine Anhebung der Standards – haben erhebliche finanzielle Folgen.
Das MASG führt seit Inkrafttreten des Selbstbestimmungsstärkungsgesetzes intensive Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden über die Gestaltung der Durchführungsverordnung.
Angesichts der in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse und der Haushaltsbeschlüsse ist zu prüfen, ob die im ersten Entwurf der DVO vorgesehene Anhebung bei den Baustandards der Einrichtungen noch finanzierbar ist. Dies gilt insbesondere für die Anhebung der Zimmergrößen, mehr Ein- statt Zweibettzimmer und die Beschränkung der Bäderbenutzung.
Diese Thematik muss erneut beraten werden, da die Vertreter der kommunalen Landesverbände sowie der Kreise und kreisfreien Städte sowohl aus dem Bereich Pflege als auch der Eingliederungshilfe darauf hingewiesen haben, dass die Auswirkungen des ersten DVO-Entwurfs zu erheblichen Mehrkosten führen würden, die nicht erbracht werden können.
Dies bedeutet, dass die Neufestsetzung der Standards daraufhin überprüft werden muss, was fachlich notwendig ist. Die tatsächlich bereits erreichten Standards durch Neu- und Umbaumaßnahmen sollen Grundlage für die Vorgaben der Verordnung für Neu- und Umbauten werden.
Hierzu wird die UNI Flensburg im Auftrag des MASG in drei Kreisen und einer kreisfreien Stadt exemplarisch die tatsächlichen Standards der Neu- und Umbauten – getrennt nach Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe – in den letzten fünf Jahren erfassen.
Die Ergebnisse werden noch im Frühjahr erwartet und sollen in den neuen Entwurf für eine DVO einfließen.
Es geht nicht darum, im Eilverfahren Verordnungen zum Selbstbestimmungsstärkungsgesetz vorzulegen, sondern diese in Abstimmung mit den Verantwortlichen zu gestalten und deren Umsetzung an realistischen Forderungen zu orientieren, ohne die Interessen der Pflegebedürftigen einzuschränken. Das ist unser Ziel. Die Landesregierung wird eine Verordnung in diesem Sinne auf den Weg bringen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel