Kommunalrechtliche Vorschriften | | Nr. 325/22
TOP 10: Die neuen Regelungen zu Bürgerbegehren und Fraktionsstärken sind notwendig
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Wir sind sogar für eine Fraktionsgröße von vier Leuten“. Das Zitat stammt nicht von mir, sondern von Peter Petereit, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden in der Lübecker Bürgerschaft.
Tatsächlich dürfte Lübeck die negativen Auswirkungen von Kleinstfraktionen bei uns im Land mit am besten beurteilen können: Elf Fraktionswechsel innerhalb einer Wahlperiode, Bildung von Zwei-Personen-Fraktionen, die bei der Kommunalwahl überhaupt nicht zur Wahl standen, ständige Umbesetzung der Ausschüsse bis hin zu einer Bürgerschaftssitzung, die sich den ganzen Abend um nichts anderes als die Verteilung der Ausschusssitze kümmern musste.
All das lähmt kommunalpolitische Entscheidungen nicht nur in Lübeck, sondern auch andernorts, sorgt für Frustration unter den dort ehrenamtlich Tätigen und schadet damit dem Funktionieren unserer Demokratie.
Im Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen haben wir deshalb eine Soll-Bestimmung formuliert: Die Fraktionsstärke soll in größeren Kommunen auf drei erhöht werden – und genau das setzen wir jetzt auch um, indem wir den Kommunen die Möglichkeit einräumen, dies in ihrer Hauptsatzung entsprechend zu regeln.
Ohne den Wortlaut des Gesetzentwurfes zum damaligen Zeitpunkt überhaupt zu kennen, schwadronierte die Opposition hier in der letzten Plenarwoche von einem „Anschlag auf die Demokratie“.
Dabei weiß gerade die FDP ganz genau, dass die vorgeschlagene Regelung vollkommen im Einklang mit den Werten unseres Grundgesetzes steht. Und das auch nicht erst seit gestern, denn schon im Jahr 1979 wurde dem damals klagenden FDP-Gemeindevertreter aus Baden-Württemberg vom Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bescheinigt, dass eine solche Regelung in der Geschäftsordnung der Gemeinde überhaupt nicht zu beanstanden ist.
Andere Bundesländer, wie Mecklenburg-Vorpommern aber auch Nordrhein-Westfalen und Hessen schreiben für größere Gemeindevertretungen und Kreistage eine Fraktionsgröße von mindestens drei Personen sogar direkt per Landesgesetz vor.
Eine solche landesgesetzliche Regelung hätten wir uns als CDU-Fraktion auch gut vorstellen können. Sie entspräche zugleich dem Wunsch von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag. Allein das Urteil des Landesverfassungsgerichtes Brandenburg steht einer verbindlichen Vorgabe durch Landesgesetz entgegen. Wir werden diese unterschiedlichen Rechtsauffassungen in den weiteren Ausschussberatungen sicherlich noch diskutieren.
Wichtig war uns eine rechtssichere Lösung, die bereits für die Kommunalwahl im nächsten Jahr Klarheit schafft. Alle Kandidatinnen und Kandidaten sollen wissen, dass sie sich in den Sitzungen nicht hauptsächlich mit sich selbst in Form von Ausschussneubesetzungen beschäftigen werden, sondern in der Sache für das Gemeinwohl arbeiten können.
Das ist unser Anliegen als CDU-Fraktion und deshalb wollen wir diese Gesetzesänderung vornehmen.
Meine Damen und Herren, kommen wir zum zweiten Sachverhalt: den Neuregelungen für Bürgerbegehren:
Immer wenn Politik versucht, Bürokratie abzubauen und Vorhaben zu beschleunigen, stellt man fest, dass es für die bestehenden Regelungen natürlich eine Begründung gibt und dass es auch Menschen gibt, die diese Regelungen aus genau diesen Gründen gut finden. Ohne eine Veränderung bestehender Regelungen wird aber ein Bürokratieabbau nicht gelingen. Und genau so ist das auch bei den unvorstellbar langen Planungsverfahren, die mittlerweile in Deutschland jegliche Entwicklung behindern.
Kürzere Planungszeiten erreicht man nicht dadurch, dass alle bestehenden Regelungen unverändert in Kraft bleiben, sondern indem man diese Regeln ändert. Und genau das machen wir jetzt!
Natürlich sind Bürgerbegehren nicht der alleinige Grund für lange Planungsverfahren. Da spielen gesetzliche Auflagen, Personalmangel und vieles mehr eine Rolle. Aber auch Bürgerbegehren sorgen eben für Unsicherheiten und erhebliche Verzögerungen bei Planungsverfahren. Im Unterschied zu vielen anderen Bestimmungen, die durch Bundesgesetze vorgegeben sind, liegen die Regelungen zu Bürgerbegehren in der Entscheidungskompetenz des Landes und deshalb setzen wir an dieser Stelle mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an.
Im Koalitionsvertrag hatten wir dazu vereinbart, ganz bestimmte Fälle von der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auszunehmen, nämlich einerseits Projekte von landespolitischer Bedeutung und andererseits Bauleitplanungen für Kitas, Schulen, Krankenhäuser, erneuerbare Energien und geförderten Wohnungsbau. Der Begriff der Generalklausel war dabei eher irreführend, da er eben nicht wie vielfach unterstellt, ein generelles Vetorecht der Landesregierung begründet hätte, sondern in Einzelfällen, wie z.B. bei der Northvolt-Ansiedlung, hätte zum Einsatz kommen können. Darum haben wir hier im Verlauf des Verfahrens Änderungen vorgenommen.
Um aber eine größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, nicht nur die genannten Einzelfälle, sondern Bauleitplanungen generell von der Zulässigkeit für Bürgerbegehren auszunehmen.
Die Regelung ist damit weitergehend als ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbart, was ganz in Sinne der CDU-Fraktion ist. Zugleich hat die jetzt vorgesehene Regelung den Vorteil, dass wir auf bewährtes Recht zurückgreifen. Bauleitplanungen waren bis zum Jahr 2013 in Schleswig-Holstein generell von Bürgerbegehren ausgeschlossen und sie sind es auch in vielen anderen Bundesländern. Zu diesem Zustand kehren wir jetzt wieder zurück.
Auch die Veränderungen von Quoren und Zeitfristen orientieren sich am Durchschnitt der anderen Bundesländer. Die Opposition schießt deshalb auch an dieser Stelle mit ihrer Kritik weit über das Ziel hinaus. Von einem preußischen Obrigkeitsstaat kann hier wirklich nicht die Rede sein.
Meine Damen und Herren, die neuen Regelungen zu Fraktionsgrößen und Bürgerbegehren mögen Kritik auf sich ziehen, sie sind aber notwendig, um das Funktionieren unserer Demokratie zu gewährleisten und in Schleswig-Holstein für mehr Dynamik zu sorgen. Dynamik, die wir brauchen, um auch unsere Klimaziele zu erreichen und schneller zu mehr Energiesicherheit und Sicherheit in der Daseinsvorsorge zu kommen.
Deshalb sind wir von beiden Änderungen zutiefst überzeugt und wollen das Gesetzgebungsverfahren bis spätestens März 2023 abschließen.
Herzlichen Dank!
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel