Finanzierung der Pandemie | | Nr. 159/21
Auf bestem Weg zur Normalität
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
auch wenn die heutige Landtagssitzung wieder mit einer Corona-Debatte beginnt, wie so viele Plenartagungen in den letzten Monaten, so haben sich doch die Vorzeichen grundlegend verändert.
Nach über einem halben Jahr Lockdown können wir in diesen Tagen erleichtert und mit Freude auf die aktuelle Entwicklung schauen. Die dritte Corona-Welle ist gebrochen. Die Infektionszahlen sinken bundesweit und damit gewinnen wir unser normales Leben schrittweise zurück.
Gegenüber dem Peak der 3. Welle - der mit einer Inzidenz von 175 in den Tagen vom 23. bis 27. April verzeichnet wurde - hat sich die bundesweite Inzidenz mittlerweile mehr als halbiert. Der zeitliche Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der bundesweiten Notbremse am 23. April ist dabei frappierend: Exakt von diesem Tag an sind die Corona-Zahlen nicht weiter gestiegen, sondern begannen knapp eine Woche später deutlich zu fallen.
Das zeigt, wie notwendig und absolut richtig es gewesen ist, das Ziehen der Notbremse bundesweit verbindlich vorzuschreiben.
Ich will an dieser Stelle jetzt gar nicht darüber spekulieren, welchen Anteil die verhängten Ausgangssperren an diesem Rückgang gehabt haben.
Entscheidend war vielmehr, dass den viel zu laschen Maßnahmen vieler Bundesländer in den wirklichen Corona-Hotspots damit ein Ende bereitet wurde. Dort musste nun genau so konsequent eingegriffen werden, wie wir das in Schleswig-Holstein getan haben. Und damit erklärt sich der Erfolg der bundesweiten Notbremse!
Bei uns in Schleswig-Holstein stellt sich die Corona-Lage noch einmal deutlich erfreulicher dar als die bundesweite Entwicklung. Der Peak der 3. Welle lag bei uns mit einer Inzidenz von 80 noch nicht einmal halb so hoch wie bundesweit. Als erstes Bundesland sind wir letzte Woche wieder unter die Marke von 50 gefallen und erfreulicherweise ist uns Hamburg mittlerweile gefolgt.
Die positiven Folgen der von der Landesregierung eingeleiteten Öffnungsschritte können wir alle im täglichen Leben spüren:
Die bereits im Februar begonnene Öffnung von Kitas und Schulen ermöglicht mittlerweile wieder landesweit Regelbetrieb in den Kitas. In den meisten Kreisen und kreisfreien Städten findet Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in sämtlichen Jahrgängen statt. Und in den wenigen Kreisen, in denen die Inzidenz noch über 50 liegt, sind die Schülerinnen und Schüler im Wechselunterricht an den Schulen.
Der Antrag des Abgeordneten Brodehl mit der Forderung den Präsenzunterricht vollumfänglich wieder aufzunehmen ist damit obsolet. Wir werden ihn deshalb heute ablehnen.
Der Einzelhandel ist seit März in Schleswig-Holstein wieder geöffnet. Mittlerweile kann wieder landesweit ohne vorherige Terminvereinbarung eingekauft werden. Gleiches gilt für die im April geöffnete Außengastronomie.
Mit den Modellprojekten in Schleswig-Holstein haben wir bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Weil wir das Instrument nicht als verkappten Öffnungsfreibrief missbraucht haben; aber trotzdem vieles in Kultur, Sport und Tourismus wieder möglich gemacht haben. Die Begeisterung war überall vor Ort greifbar zu spüren und negative Auswirkungen auf die Infektionszahlen sind komplett ausgeblieben.
Deshalb hat die Landesregierung mit dem nächsten Öffnungsschritt auch nicht gewartet, bis die Inzidenz von 50 unterschritten wurde. Bereits vor 14 Tagen haben wir in der Koalition die Entscheidung getroffen, in dieser Woche einen weiteren, großen Öffnungsschritt zu vollziehen – und zwar selbst dann, wenn die Inzidenz unverändert über 50 gelegen hätte.
Die Forderung des AfD-Antrages, die Inzidenzwerte nicht zur alleinigen Grundlage für Entscheidungen zu machen, ist deshalb ebenfalls hinfällig und war es im Übrigen auch schon im Januar. Schon im damaligen Perspektivplan der Landesregierung war die Inzidenz um den dynamischen Faktor ergänzt. Auch diesen Antrag werden wir deshalb heute ablehnen.
Seit Montag sind nun die Kontaktbeschränkungen weiter gelockert und es dürfen sich außen wieder bis zu 10 Personen miteinander treffen. Das gilt auch für die Jugendarbeit und im Sport. Veranstaltungen sind außen sogar wieder mit bis zu 25 Teilnehmern möglich. Im Fall von geimpften und genesen Personen können die Zahlen in allen Fällen sogar darüber hinausgehen.
Ebenfalls seit Montag ist die Innengastronomie wieder zulässig und Beherbergungen sind landesweit wieder erlaubt. Auch wenn hierfür noch Auflagen bestehen, wie die Sperrstunde in der Gastronomie und die wiederkehrenden Testpflichten, so ist das doch ein gewaltiger Fortschritt für diese arg gebeutelten Branchen.
Als CDU-Fraktion freuen wir uns riesig für alle Gastronomen, Ferienhausvermieter, Hoteliers und Campingplatzbetreiber, die jetzt wieder ihren Geschäften nachgehen können, wieder mit eigener Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen können und die Folgen der Corona-Pandemie hoffentlich bald hinter sich lassen.
Ich bin außerdem zuversichtlich, dass wir zeitnah zu weiteren Schritten im Bereich von Kultureinrichtungen, der Sportausübung und den außerschulischen Bildungsangeboten kommen werden. Mit den deutlich gesunkenen Infektionszahlen wird all dieses bald wieder möglich sein.
Meine Damen und Herren, neben diesen positiven Nachrichten bei den Öffnungsschritten kommen wir auch beim Impfen immer weiter voran.
Weniger als fünf Monate nach der Zulassung des ersten Corona-Impfstoffes sind in diesen Tagen bereits fast 40 Prozent der Bevölkerung zumindest einmal geimpft. Bei allen bisherigen Schwierigkeiten mit der Impfterminvergabe halte ich das für eine wirkliche Erfolgsstory, von der wir zu Beginn der Pandemie nicht zu träumen gewagt hätten.
Bis Ende Juni wird sogar so viel Impfstoff geliefert, dass knapp 60 Millionen Menschen in der Bundesrepublik damit vollständig geimpft werden können.
Der Engpass bei der Terminvergabe wird sich damit in den nächsten Wochen weitgehend auflösen, auch wenn die Aufhebung der Priorisierung Anfang Juni noch einmal eine besondere Herausforderung darstellt. Mit einer Beibehaltung der Priorisierung in den Impfzentren haben wir aber auch für diese Situation die richtige Antwort, um ausstehende Impfungen in den Prioritäten 1 bis 3 zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass der Impfstoff von BioNtech/Pfizer in den USA nun auch für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen worden ist. Von Seiten der europäischen Arzneimittelbehörde ist eine entsprechende Zulassung noch in diesem Monat zu erwarten.
Das versetzt uns hoffentlich in die Lage, die Schülerinnen und Schüler zumindest an den weiterführenden Schulen bis zum Ende der Sommerferien durchzuimpfen. Dann könnte der Unterrichtsbetrieb im nächsten Schuljahr ohne coronabedingte Beeinträchtigungen starten – also ohne Selbsttests und ohne Maskenpflicht.
Im Hinblick auf den AfD-Antrag, die Maskenpflicht an Schulen bereits jetzt aufzuheben, sagen ich aber auch:
Lieber noch einmal fünf Wochen bis zu den Sommerferien Masken tragen, statt durch einen Verzicht auf dieses mildeste Mittel die erzielten Erfolge wieder zu riskieren. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.
Für nicht verkehrt halte ich dagegen den SPD-Vorschlag, mobile Impfteams in sozial benachteiligten Stadteilen mit hoher Inzidenz einzusetzen. Der Vorschlag knüpft an die erfolgreiche Impfaktion in einer Kölner Moschee an, die sich durchaus zum Vorbild nehmen lässt.
Der Vorschlag setzt allerdings voraus, dass neben den benötigen Impfstoffmengen auch freie Kapazitäten bei den mobilen Impfteams bestehen. Meines Wissens nach sind diese bis Ende Mai mit Impfaktionen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe noch voll ausgelastet.
Für die Zeit danach halte ich den Vorschlag aber sehr wohl für überlegenswert. Wir haben ihn deshalb auch in den Alternativantrag der Koalition mit aufgenommen.
Meine Damen und Herren, bei allen positiven Entwicklungen bei Öffnungsschritten und Impfungen werden die negativen finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für den Landeshaushalt aber immer deutlicher. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht zusätzliche Gelder benötigt werden.
Der im vergangenen Jahr mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossene Notkreditrahmen stößt deshalb an einigen Stellen bereits wieder an seine Grenzen. Die Verschuldung noch weiter zu erhöhen, kommt für die CDU-Fraktion allerdings nicht in Betracht.
Deshalb schichten wir mit dem vorliegenden Antrag aller fünf Fraktionen innerhalb des Notkreditvolumens um, so dass wir auch im zweiten Halbjahr Teststrategien finanzieren oder Einnahmeausfälle beim ÖPNV ausgleichen können.
Insbesondere erwähnen will ich in diesem Zusammenhang das Aufholprogramm des Bundes, um bei Kindern und Jugendlichen coronabedingte Bildungslücken zu schließen sowie soziale und psychologische Folgen zu beheben. Von den zwei Milliarden des Bundes entfallen rechnerisch rund 70 Millionen auf Schleswig-Holstein. Ergänzend um die Mitfinanzierung auf Landesmittel wird so ein Paket von bis zu 100 Millionen Euro zugunsten von Kindern und Jugendlichen geschnürt.
Ebenfalls mit weit über 100 Millionen Euro hat das Land bereits Kita-Gebühren erstattet, und zwar immer dann, wenn die Kitas geschlossen waren. Dazu war das Land nicht verpflichtet, denn die Erstattungsansprüche der Eltern hätten sich gegen Träger und Kommunen gerichtet. Von Beginn der Pandemie an haben wir diese Erstattung aber als freiwillige Leistung des Lands übernommen, um frühzeitig zugunsten von Eltern und Kommunen für Klarheit zu sorgen.
Vollkommen richtig war es auch, wenn Eltern den Apellen gefolgt sind, ihre Kinder auch beim eingeschränkten Regelbetrieb möglichst nicht in die Kita zu schicken. Sofern die Eltern das dem Träger im Vorfeld verbindlich mitgeteilt haben, konnte dieser seine bereitgehaltenen Bereuungskapazitäten entsprechend anpassen.
In diesen Fällen erscheint mir eine Erstattung der Kita-Gebühren auch in diesen Fällen durchaus angebracht. Allerdings kann die Prüfung der genannten Voraussetzung und die tage- oder wochenweise Erstattung nun wirklich nicht zentral über das Land erfolgen, sondern dafür sehe ich dann schon die Träger und Kommunen in der Pflicht.
Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass die Kommunen im Krisenjahr 2020 – gerade aufgrund der Hilfen des Landes – Millionen an Überschüsse erzielt haben. Da kann man glaube ich durchaus erwarten, dass solche Fragen vor Ort geklärt werden.
Diesen Punkt der SPD haben wir deshalb im Alternativantrag der Koalition nicht übernommen.
Meine Damen und Herren, die Corona-Krise ist noch nicht vorbei. Aber was wir jetzt sehen, ist mehr als das bloße Licht am Ende des Tunnels. Ein Sommermärchen wie im letzten Jahr und ein anschließendes Ende der Pandemie sind in greifbare Nähe gerückt.
Wir haben es also fast geschafft und das sollte uns die Kraft geben, auch die letzten Wochen noch durchzuhalten.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel