Konsulatsunterricht | | Nr. 311/19
TOP 19: Konsulatsunterricht ist aus der Zeit gefallen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
schon seit längerer Zeit gibt es eine Diskussion um den Konsulatsunterricht an unseren Schulen. Konsulatsunterricht hat seinen Ursprung in den 70er Jahren. Gastarbeiter oder noch genauer in Behördensprache „Wanderarbeiter“ haben sich mit Ihren Familien auf den Weg nach Deutschland gemacht, um hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Damals ist man noch davon ausgegangen, dass viele Ihren Weg wieder zurück in die Heimatländer finden. Und gerade deshalb war es damals wahrscheinlich auch eine gute Idee, über die Konsulate der Gastarbeiter herkunftssprachlichen Unterricht an unseren Schulen anzubieten.
Heute gibt es noch türkische, kroatische, portugiesische und spanische Angebote an unseren Schulen, wobei die Angebote des türkischen Konsulats über 90 Prozent des Konsulatsunterrichts ausmachen. Das Besondere an diesem Unterricht ist, dass dieser Unterricht in alleiniger Zuständigkeit der Konsulate durchgeführt wird. Und obwohl Schulträger an immerhin 56 Unterrichtsorten Räumlichkeiten für diesen Unterricht zur Verfügung stellen, gibt es keine staatliche Kontrolle von schleswig-holsteinischen oder anderen deutschen Behörden für diesen Unterricht. Gerade auf Grund der politischen Entwicklungen in der Türkei in den vergangenen Jahren ein Umstand, der hier und da zu Fragen geführt hat, zuletzt auch mit öffentlicher Wahrnehmung in Lübeck.
Ich bin unserer Bildungsministerin Karin Prien sehr dankbar, dass sie darüber sehr frühzeitig das Gespräch mit dem türkischen Generalkonsulat geführt hat und eine Einsichtnahme in Lehrpläne sowie Hospitationen im Unterricht erreichen konnte. Aus unserer Sicht ein sehr wichtiger Schritt, um Transparenz für dieses Unterrichtsangebot zu schaffen.
Allerdings glauben wir mittlerweile, dass das Modell des Konsulatsunterrichts aus der Zeit gefallen ist. Es ist vernünftig, dass wir uns zum Ziel setzen, verstärkt auch ein staatliches Angebot für herkunftssprachlichen Unterricht zu schaffen. Folgerichtig ist dies auch Bestandteil in Paragraph 5 des Gesetzes zur Integration und Teilhabe, welches wir später in diesem Plenum noch diskutieren und auf den Weg bringen werden. Dort heißt es u.a.:
„Das Land verfolgt das Ziel, herkunftsstaatlichen Unterricht unter staatlicher Aufsicht auszubauen.“
Integration heißt in keinem Fall Assimilation der Wurzeln und Herkunft von Menschen, die hier in Deutschland eine neue Heimat finden. Selbstverständlich können wir den Wunsch von Eltern verstehen, die möchten, dass ihre Kinder auch ihre eigene Muttersprache lernen. Als Teil ihrer eigenen Identität. Und deshalb gilt: So richtig es ist, dass die deutsche Sprache der Schlüssel zur Integration ist, so wichtig es ist auch, herkunftssprachlichen Unterricht an Schulen anzubieten. Um klar zu machen, dass das Vermögen mehrere Sprachen zu beherrschen ein Gewinn für unsere Gesellschaft ist, um klar zu machen, dass Integration und die Bewahrung herkunftssprachlicher Identität kein Widerspruch sind. Ich glaube sagen zu können, dass grade das deutsch-dänische Verhältnis in Schleswig-Holstein uns dies exemplarisch aufzeigt.
Deshalb wollen wir mit unserem Antrag den Bedarf an herkunftssprachlichem Unterricht feststellen. Neben Türkisch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es auch einen Bedarf an Angeboten in anderen Sprachen wie Russisch oder sogar Arabisch gibt.
Und wir wollen Lehrkräfte für weitere Sprachen – erst einmal insbesondere für die türkische – aus-, fort und weiterbilden, um die Grundlage für herkunftssprachlichen Unterricht als staatliches Angebot zu schaffen. Heute fehlen uns dafür die ausgebildeten Lehrkräfte. Aber zusammen mit dem IQSH und einem Studienangebot an der CAU können wir eine wichtige Grundlage schaffen, um Konsulatsunterricht überflüssig zu machen. Aus unserer Sicht ist dies ein wichtiger Schritt für eine bessere Integration. Ich würde mich freuen, wenn unser Anliegen breite Zustimmung in diesem Haus findet.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel