Medien | | Nr. 329/18
(TOP 22) Für eine lebendige Demokratie sind Meinungsfreiheit und -vielfalt essentiell
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
nachdem die AfD bereits vor einem Jahr mit ihrem Ansinnen die Staatsverträge zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kündigen, in diesem hohen Haus zu Recht scheiterte, kommt nun der nächste Antrag.
Dieses Mal gehen sie immerhin nicht ganz so plump vor, obwohl sie nach wie vor dasselbe Ziel verfolgen. Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schwächen. Zwar wollen Sie mit ihrem Antrag den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „nur“ – und das „nur“ setze ich bewusst in Anführungszeichen – auf den Prüfstand stellen.
Tatsächlich schwebt Ihnen jedoch keine ergebnisoffene Prüfung vor, sondern sie haben bereits eine klare Vorstellung entwickelt, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft aussehen soll. Sie wollen ihn auf den Informations-, Bildungs- und Kulturbereich reduzieren, Sender und Sendeformate einstellen. Mit anderen Worten: Sie wollen ihn klein machen.
Ich frage mich: Woher kommt ihr Argwohn gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Liegt es an der Berichterstattung, die sich kritisch mit ihrer Politik auseinandersetzt? Liegt es daran, dass Sie Widerspruch ertragen müssen, dass kritisch nachgefragt wird, dass Haltung und Anstand gezeigt wird?
Es scheint Ihnen nicht zu gefallen, dass 83 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für unverzichtbar halten und insbesondere dessen kritische Auseinandersetzung mit der Politik schätzen.
Die Vehemenz und die Häufigkeit, mit der die AFD den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „beharkt“, lässt nur einen Schluss zu: Man möchte sich kritischer Berichterstattung entledigen. Oder wie drückte es ihr Parteichef Gauland am 04. September in der FAZ aus, ich zitiere: „Das sind Leute aus anderen Parteien und leider auch aus den Medien. Die möchte ich aus der Verantwortung treiben.“
Meine Damen und Herren, solche Äußerungen haben nichts, aber auch gar nichts mit unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung zu. Hier gilt es erneut, ein deutliches Stoppschild zu setzen.
Das Perfide ist, sie gehen mit ihrem Antrag durchaus geschickt vor. Auf den ersten Blick mag es attraktiv sein, durch den Verzicht auf Sport und Unterhaltung beim Rundfunkbeitrag zu sparen. Für diese Forderung werden sie wahrscheinlich auch viel Applaus ernten, doch ist die Entlastung der Bürger wirklich ihr Ziel? Nein, hinter der Forderung, Sport und Unterhaltung den kommerziellen Sendern zu überlassen, steckt etwas anderes. Nämlich das Kalkül, ARD und ZDF in der Gesamtnutzung zu schwächen und damit auch die Nutzung der Informationsangebote. Auf diese Weise wollen Sie die Reichweite kritischer Berichterstattung reduzieren.
Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass Sport und Unterhaltung zu viel Platz im Programm der Sender einnehmen? In Ihrer Rede habe ich keine einzige Statistik dazu vernommen. Ein Blick in die MediaPerspektiven aus April 2018 zeigt es dagegen deutlich: Der Sportanteil im Ersten beträgt nur sechs Prozent und im ZDF fünf Prozent der Sendezeit. Etwa 40 Prozent der Sendezeit bei ARD und ZDF werden dagegen für das Verbreiten von Informationen vor allem Nachrichten und Dokumentationen genutzt. Ein Missverhältnis kann ich hier beim besten Willen nicht erkennen.
Ihre Forderung, den Sport ausschließlich dem privaten Fernsehen zu überlassen, halte ich zudem für hochgradig unsozial. Es ist doch bereits jetzt ein klarer Trend zu erkennen. Immer mehr Top-Ereignisse wandern ins Pay-TV ab. Das ist sozial ungerecht – sehen kann nur noch, wer es sich leisten kann.
Zudem frage ich mich, was sie eigentlich gegen gute und anspruchsvolle Unterhaltung im Fernsehen haben. Unterhaltung ist nicht nur eine einfache Spielshow sondern auch anspruchsvolle Fiktion. Hier sind ARD und ZDF qualitativ Spitzenklasse: Tatort, Tatortreiniger, „Bad Banks“ um nur drei Beispiele zu nennen. ARD und ZDF leisten damit im Übrigen auch einen großen Beitrag zur Förderung der heimischen Filmwirtschaft. Qualitativ hochwertige Unterhaltung dient auch der Bildung! ARD und ZDF bieten Unterhaltung für alle! Nicht nur für die werberelevanten Zielgruppen.
Meine Damen und Herren, natürlich steht es außer Frage, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern wird, verändern muss. Das Nutzerverhalten wandelt sich, neue Angebote entstehen im Internet, Ausspielwege verändern sich. Auf all das müssen der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Politik reagieren und sie tun es auch. Gerade aus Schleswig-Holstein hat es in den vergangenen Monaten interessante Vorschläge hierzu geben. Ich halte es für gut und richtig, dass sich unsere Staatskanzlei intensiv in diesen Prozess einbringt.
Bei allem Reformeifer dürfen wir dabei eins nicht aus den Augen verlieren und das unterscheidet uns von der AfD. Für eine lebendige Demokratie sind Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt sowie der Zugang und die Freiheit der Medien essentiell. Hier dürfen wir keine Abstriche machen. Zentraler Bestandteil der Meinungsvielfalt in unserem Land ist seit mehr als sechzig Jahren der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Wir treten dafür ein, dass dies auch in Zukunft so sein wird und machen dies mit unserem Alternativantrag auch deutlich.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel