Unbequeme Fragen klar beantworten
Machtdemonstrationen oder Muskelspiele? – Bei Truppenverlegungen, verstärkten Manövertätigkeiten und Cyber-Angriffen handele es jedoch um die Vorbereitungen, die im Vorfeld eines bevorstehenden Angriffskrieges zu erwarten seien, so der Fraktionsvorsitzender Tobias Koch heute im Plenum.
Zum ersten Mal seit über 30 Jahren seien Deutschland und Europa mit einem Kriegsrisiko konfrontiert, wie es seit dem kalten Krieg nicht mehr bestanden habe. Dabei sei die Unverletzlichkeit der Grenzen die zentrale Grundlage für das friedliche Zusammenleben der Völker in Europa. Die Androhung von Gewalt überschreite eine rote Linie mit schwerwiegendsten Folgen für Frieden und Freiheit in Europa.
„Jetzt sei die Stunde der Diplomatie, sagt dazu Ralf Stegner und hat damit grundsätzlich Recht. Wir dürfen dabei allerdings auch nicht vergessen, dass bereits seit acht Jahren die Stunde der Diplomatie ist, seitdem Russland nämlich 2014 völkerrechtswidrig die Krim annektiert hat. Alle daraufhin unternommenen diplomatischen Bemühungen und auch die verhängten Sanktionen haben bislang zu keinem russischen Einlenken geführt - ganz im Gegenteil, wie wir jetzt sehen“, so der Abgeordnete.
Neben diplomatischen Bemühungen und möglichen Sanktionen müssten vielmehr eigenen Positionen vor dem Hintergrund des neu entstandenen Bedrohungsszenarios grundlegend überprüft werden:
Erstens North Stream 2: Die Inbetriebnahme müsse überdacht werden. Alternative wäre beispielsweise LNG - im Ernstfall würde man allerdings feststellen, dass Deutschland aktuell über keinerlei Möglichkeiten verfüge, Flüssiggas zu importieren.
Über ein LNG-Terminal in Brunsbüttel lasse sich klimapolitisch trefflich streiten. Aber es gebe daneben noch weitere Dimension, nämlich die Versorgungssicherheit. „Nur mit Hilfe eines LNG-Importterminals sind wir unabhängig gegenüber einem russischen Lieferstopp und schon allein deshalb ist eine solche Infrastruktur zwingend erforderlich“ so Koch weiter.
Waffenlieferungen: Diese Doktrin finde dann ein Ende, wenn ein Volk, wenn ein Land einer Aggression ausgesetzt sei, der man zum Schutz von Freiheit, von Demokratie und Menschenrechten entgegentreten müsse.
„Robert Habeck hat das richtig erkannt. Der Ukraine Defensivwaffen zur Selbstverteidigung zu liefern, ist in dieser Situation die einzig richtige Antwort. Und mit Defensivwaffen meine ich jetzt nicht nur Schutzwesten und Medivacs, sondern mit Defensivwaffen meine ich Panzer- und Luftabwehrraketen, um einem russischen Angriff wirksam entgegentreten zu können bzw. noch besser, ihn durch erhöhte Abschreckung ganz zu verhindern.“
Bundeswehr: Es sei dringend dafür zu sorgen, dass die Fähigkeit der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung wieder in vollem Umfang gegeben sei.
Auch sei die Forderung nach einer Erhöhung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zwingende Notwendigkeit, wenn die Souveränität des Staates, die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, die Demokratie und die Werte gegenüber äußeren Bedrohungen verteidigt werden sollen – immer in der Hoffnung, dass diese Waffen nie zum Einsatz kommen müssten.
Koch: „Und genau deshalb müssen wir auch unbequeme Fragen wie die Beschaffung von bewaffneten Drohnen und die Fähigkeit zur nuklearen Teilhabe innerhalb der NATO-Abschreckungspolitik endlich klar beantworten.“