Es geht darum, die Rechte zurückzuerhalten, die der Richterwahlausschuss seit seiner Gründung besaß
Es geht darum, die Rechte zurückzuerhalten, die der Richterwahlausschuss seit seiner Gründung besaß
Für den Hintergrund zunächst ein Blick zurück: Der Richterwahlausschuss wurde im Jahr 1971 mit Änderung des Landesrichtergesetzes in Schleswig-Holstein eingeführt. Vorher war allein das Justizministerium für die Ernennung von Richterinnen und Richtern zuständig. Seitdem werden diese in einem Ausschuss gewählt, dem überwiegend Abgeordnete des Landtages angehören und erst anschließend erfolgt die Ernennung durch den Justizminister. Die Parlaments-Vorgängerinnen und -Vorgänger hatten sich damit ganz bewusst für eine demokratische Legitimation der Richterwahl entschieden.
Koch: „Niemand behaupten wollen, dass die Einführung des Richterwahlausschusses dazu geführt habe, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden oder dass seitdem eine Besetzung der Justiz nach Parteibuch erfolgt sei. Ganz im Gegenteil: Die Entscheidungen des Richterwahlausschusses haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass die Richterschaft in Schleswig-Holstein qualitativ hervorragend besetzt ist.“
Daran gäbe es nichts zu ändern, wenn nicht das Oberverwaltungsgericht Schleswig mit seinen Beschlüssen aus dem Jahr 2019 diese bewährte Praxis grundlegend verändert hätte. Seitdem sei die freie und geheime Wahl im Richterwahlausschuss auf die formale Bestätigung der dienstlichen Beurteilungen herabgestuft.
„In einer extrem engen Auslegung des Prinzips der Bestenauslese sollen seitdem kleinste Unterschiede in den Beurteilungen über die Stellenbesetzung entscheiden - bis hin zu einem Vorrang von Bewerbern mit höherer Amtszulage in derselben Besoldungsgruppe“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende die aktuelle Situation.
Nach Auffassung des OVG beruhe das Prinzip der Bestenauslese allein auf den schriftlichen Zeugnissen, im Falle von Richterinnen und Richtern also der dienstlichen Beurteilung. Die Frage stelle sich: Wie fundiert ist nun eine solche dienstliche Beurteilung?
Dabei falle zunächst einmal auf, dass die Richterinnen und Richter in Schleswig-Holstein nicht regelmäßig alle ein bis zwei Jahre beurteilt werden, wie das in vielen Unter-nehmen ganz selbstverständlich der Fall sei. Stattdessen erfolgten sogenannte Anlassbeurteilungen z.B. aus Anlass einer Bewerbung auf eine andere Stelle. In einer solchen Situation komme es nicht selten vor, dass alle Bewerberinnen und Bewerber für die ausgeschrieben Stelle von ein und demselben Beurteilenden ihre Beurteilung erhielten. Die Reihenfolge der Bestenauslese liege damit in der Hand einer einzelnen Person.
Nebenbemerkung: Wenn es sich bei dem Beurteilenden dann auch noch um die Präsidentin oder den Präsidenten eines Obergerichts handele, so sei diese Person selbst nicht durch eine derartig formale Bestenauslese in ihr Amt gekommen, sondern wurde vom Landtag mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt.
Koch: „Ihre Beurteilung über die Leistungen der letzten paar Monate soll nun aber alleine mehr wiegen als der versammelte Sachverstand in einem zwölf- bis achtzehn-köpfigen Richterwahlaus-schuss. Dieser ist neben Abgeordneten auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Richterschaft und Anwaltschaft besetzt, schaut sich nicht nur die letzte Beurteilung an, sondern die gesamte Personalakte und trifft seine Wahl außerdem mit einer Mehrheit von Zwei-Dritteln der abgegebenen Stimmen.“
Wenn die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags vor 50 Jahren gewollt hätten, dass allein die dienstliche Beurteilung maßgeblich sein sollte, dann hätte es der Einrichtung eines Richterwahlausschusses nicht bedurft, so der Abgeordnete. Eine formale Überprüfung hätte man getrost in den Händen der Exekutive, also des Justizministeriums belassen können.
„Mit dem gemeinsam vorgelegten Gesetzentwurf aller fünf Landtagsfraktionen geht es uns deshalb nicht darum, die Rechte des Richter-wahlausschusses zu erweitern. Stattdessen es geht es uns darum, die Rechte zurückzuerhalten, die der Richterwahlausschuss seit seiner Gründung besaß, die auch immer für ihn vorgesehen waren und die im Grundgesetz angelegt sind, die aber durch die jüngsten Beschlüsse des OVG massiv beschnitten wurden.
Zukünftig soll die demokratische Legitimation der Richterwahl in gleicher Art und Weise gewährleistet werden, wie das in das in den letzten fünf Jahrzehnten der Fall war und sich bewährt hat“, so Koch abschließend.